Das neue Bündnis für das Wohnen darf nicht am Streit um das Mietpreisgutachten scheitern.

Wer nach dem neuen Bündnis für das Wohnen fragt, bekommt seit Monaten aus der Stadtentwicklungsbehörde oder von der Wohnungswirtschaft nur eine Antwort: „Wir sind auf der Ziel­geraden.“ Nun liegt eine Vereinbarung unterschriftsreif vor. Allerdings, so heißt es aus Verhandlungskreisen, weigert der Senat sich, das schon im vergangenen Jahr versprochene Gutachten über die Mietpreisbremse in Auftrag zu geben – und verhindert so die Unterzeichnung.

Das verwundert, schließlich hat Rot-Grün in den Verhandlungen mit den Wohnungsverbänden viel erreicht. Das Wichtigste: Statt wie bisher 6000 sollen künftig in Hamburg jährlich 10.000 Wohnungen gebaut werden. Zwar ist jetzt nicht mehr von der Fertigstellung die Rede, sondern davon, dass die Stadt die Erteilung von jährlich 10.000 Baugenehmigungen verspreche. Am Ende aber dürften Wohnungen in fünfstelliger Zahl auf den Markt kommen, was gut wäre.

Die Verweigerungshaltung in Sachen Gutachten wirft auch deshalb Fragen auf, weil Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) offenbar sogar bereit war, für das Bündnis einen Konflikt mit dem grünen Koalitionspartner in Kauf zu nehmen. Scholz soll beispielsweise einen von der Umweltbehörde gewünschten Passus gestrichen haben, der strengere Werte bei der Kohlen­dioxidemission festlegte.

Nicht zuletzt steht in dem Streit um das Mietpreisgutachten die Glaubwürdigkeit des Senats auf dem Spiel. Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hatte sich im letzten Juni persönlich dazu bekannt, die Lage auf Hamburgs Wohnungsmarkt wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Die Gutachter sollten herausfinden, wo der Markt wirklich angespannt ist.

Damit verbunden war das Versprechen, die Mietpreisbremse in den Vierteln wieder aufzuheben, in denen die Situation entspannt ist. Zum einen würde das dem Gesetz entsprechen, denn die Mietpreisbremse darf ausdrücklich nur in Vierteln mit angespanntem Wohnungsmarkt angewendet werden. Zum anderen hatte die Wohnungswirtschaft sich nur wegen der Gutachtenzusage zu Gesprächen über ein neues Bündnis bereit erklärt. Sie fühlt sich nun getäuscht.

Der Konflikt um die Mietpreisbremse ist längst nicht mehr nur symbolisch. Angesichts steigender Baupreise, wachsender Flächennot und immer strengerer Umweltauflagen steht inzwischen der Wohnungsbau selbst auf dem Spiel – und damit das Versprechen des Bürgermeisters, man werde immer weiter bauen.

Zumal Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) längst verkündet hat, das Mietrecht weiter drastisch verschärfen zu wollen. Es sind vor allem zwei Punkte, die dem Wohnungsbau nachhaltig schaden dürften. Zum einen sollen Vermieter künftig deutlich weniger von den Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen dürfen. Zum anderen will Maas den Beobachtungszeitraum von Mietspiegeln ausweiten. In der Folge würden Mieterhöhungen und Neuvermietungen erheblich schwerer.

Die Thematik ist der Hamburger Wohnungswirtschaft so wichtig, dass sie Eingang in die Vereinbarung über das neue Wohnungsbündnis gefunden haben soll. Demnach soll der Bürgermeister seinen Einfluss in Berlin nutzen und mäßigend auf Maas einwirken.

Das Bündnis für das Wohnen ist zu wichtig, um es auf dem Altar von Ideologie und Populismus zu opfern. Eine moderne Wohnungsbaupolitik muss sowohl die Sozialverträglichkeit als auch wirtschaftliche Regeln im Blick behalten. Wenn am Ende Wohnungsunternehmen pleitegehen, weil die Kosten dauerhaft die Einnahmen übersteigen, ist niemandem gedient – auch den Mietern nicht.