Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten: Beim Hamburger StadtRad oder in der Kunsthalle fallen sie unterschiedlich aus

Wunderwelt Wirtschaft: Im idyllischen Schwarzwaldort Schonach gibt es ein Naturschwimmbad, das eine Revolution gewagt hat: Die Gemeinde hat 2014 kurzerhand den Eintritt abgeschafft. Fortan kann jeder gratis schwimmen gehen. Damit verzichtet der Schwarzwaldort zwar auf rund 5000 Euro Einnahmen, macht unter dem Strich aber trotzdem ein Plus. Zum einen hat man die Kassiererin gespart, zum anderen kommen viel mehr Besucher ins Schwimmbad und lassen dort mehr Geld: Die Umsätze im Schwimmbad-Kiosk sind, so heißt es vor Ort, deutlich gestiegen. Zudem werfen viele Besucher ihr Kleingeld in Spendenboxen. Was nichts kostet, bringt manchmal mehr.

Diese Erfahrung spricht sich auch in Museen herum: Die Ausstellungshäuser in Großbritannien sind seit 2001 gratis – per Gesetz wurde der Eintritt abgeschafft. Die Erfahrungen sind durchweg positiv, die Besucherzahlen steigen deutlich, die Schwellenängste schwinden. Auch eher bildungsferne Schichten pilgern plötzlich ins Museum – bei ethnischen Minderheiten beträgt der Zuwachs 200 Prozent.

Ähnliche Erfahrungen macht das Museum Folkwang in Essen, das im Juni den Eintritt abgeschafft hat. Seitdem schnellt die Zahl der Besucher in die Höhe. In den ersten drei Sommermonaten haben sich die Zahlen verdreifacht, im Januar 2016 schauten sich sogar mehr als fünfmal so viele Menschen wie im Vorjahresmonat die spektakuläre Sammlung an. Während in Großbritannien der Steuerbürger die Gratiskultur bezahlt, freut sich das Museum Folkwang über die üppige Spende der Krupp-Stiftung. In Hamburg zieht nun die Alexander-Otto-Stiftung die Spendierhosen an: Nach der 17-monatigen Umbau- und Modernisierungsphase ist im Mai der Eintritt in die Kunsthalle frei. Zwischen 2005 und 2008 hatte der Mäzen Harald Christ den Museumseintritt für Kinder und Jugendliche übernommen.

Für die Museen ist dieses Sponsoring prima, weil es Einnahmen sichert. Denn freier Eintritt ändert kaum etwas an den laufenden Kosten, und die Mehreinnahmen etwa im Catering oder über den Museumsshop bleiben überschaubar. Aber als Werbung für einen beschränkten Zeitraum wie nun in der Kunsthalle kann der Gratiseintritt Wunder wirken – und teure Kampagnen sparen.

Das Museum Alexander Koenig in Bonn hat noch einen anderen Weg beschritten. In einem Test konnten die Besucher 2013 drei Wochen lang den Eintrittspreis frei bestimmen. Es kamen nicht nur 20 Prozent mehr Besucher, sie zahlten auch im Schnitt mit 4,62 Euro zwölf Cent mehr als regulär. Trotzdem haben die Bonner das Experiment nicht weitergeführt. Vielleicht fehlt es am Glauben an die Großzügigkeit der Geiz-ist-geil-Generation.

Eine eindeutige Bilanz aber lässt sich nicht ziehen: In der Gastronomie gibt es Erfolgsbeispiele für das Prinzip „Zahle, was Du willst“ wie beim Wiener „Deewah“ und Enttäuschungen wie beim „Kish“ in Frankfurt – allen gemein ist aber ein enormer kostenloser Werbeauftritt.

Zum Anschub des StadtRads in Hamburg war die Idee, die erste halbe Stunde gratis anzubieten, ziemlich clever. Inzwischen ist sie nur ökologisch sinnvoll, ökonomisch aber Blödsinn. Zwischen Januar und September 2015 waren rund 88 Prozent der Hamburger mit den roten Rädern für die Nutzer kostenlos unterwegs – für die Stadt aber fallen jährlich Kosten von zwei Millionen Euro an. Bei 1,762 Millionen-Gratisfahrten in neun Monaten könnte also schon rund ein Euro pro Benutzung die Zahlen drehen. Schließlich sollte man auch nicht übersehen, mit wem das rote StadtRad konkurriert – wohl weniger, wie erhofft, mit dem privaten Pkw als vielmehr mit U- und S-Bahnen. Hier vergrößern die Einnahmeverluste das wirtschaftliche Defizit. Die Stadt macht sich also selbst Konkurrenz und zahlt auf beiden Seiten drauf. Dabei wäre das Kassieren denkbar einfach: Kosten entstehen kaum, es sollte gleich ab der ersten Minute abgerechnet werden. Denn jede Fahrt erfasst der Anbieter StadtRad ab Entleihe, bei Kurzfahrten verzichtet er nur auf die Rechnungsstellung.

So clever das kostenlose Schwimmen in Schonach ist, so skurril ist das Gratisradeln in Hamburg. Oh, Wunderwelt Wirtschaft.