Die Bundesliga hat in Europa die mit Abstand meisten Zuschauer. Doch den treuen Fans werden immer mehr Schwierigkeiten zugemutet.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatte in dieser Woche wieder einmal einen Anlass, stolz zu sein. In der abgelaufenen Hinrunde der Bundesliga kamen im Durchschnitt 42.344 Zuschauer pro Spiel in die 18 Stadien. Das ist nicht nur eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr, sondern – noch viel wichtiger – auch ein Wert, mit dem die deutsche Eliteklasse die oft so gepriesenen Topligen in England und Spanien deutlich in den Schatten stellt. Rund 36.000 Fans kommen im Schnitt zu den Partien der Premier League, gerade einmal 27.000 sind es in der Primera Division.

Zur Ehrlichkeit dieses Vergleichs gehört die Anmerkung, dass die durchschnittliche Stadionkapazität hierzulande um einiges größer als die auf der britischen Insel und der iberischen Halbinsel ist. Aber diese großen Stadien müssen auch erst einmal gefüllt werden. Dies gelingt in der Bundesliga seit Jahren auf eine bemerkenswerte Weise und ist vielerorts sogar fast unabhängig vom sportlichen Erfolg. Hierfür ist der HSV seit Jahren ein sehr gutes Beispiel. Selbst an die Zersplitterung der einzelnen Spieltage auf fünf verschiedene Anstoßzeiten an den drei Wochenendtagen haben sich die geneigten Fans gewöhnt. Dennoch kommen zum Ende jeder Saison noch einmal wohlige Nostalgiegefühle auf, wenn alle neun Partien des vorletzten und des letzten Spieltags zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen parallel am Sonnabend um 15.30 Uhr angepfiffen werden. Dann ist auch in der altehrwürdigen Radio-Bundesligakonferenz richtig was los, während sonst bei nur fünf Spielen, von denen oft zwei ohnehin belanglos sind, schon mal Langeweile herrscht.

In der Zweiten Liga hat sich sogar das Montagabendspiel längst etabliert, das bei seiner Einführung riesige Protestwellen auslöste. Heute wirkt es schon ein wenig skurril, wenn beispielsweise im Millerntor-Stadion des FC St. Pauli an einem solchen Abend noch immer Spruchbänder gegen diese Anstoßzeit hochgehalten werden, aber kein einziger Platz auf den Tribünen frei bleibt, obwohl das Spiel jeweils auch live im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt wird.

Dies allein ist aber auch ein Beweis dafür, dass im deutschen Profifußball inzwischen Zehntausende von Fans bereit sind, etliche Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen, wenn es darum geht, ihre Mannschaft zu unterstützen und auch zu Auswärtsspielen zu begleiten, selbst wenn Spiele wie in der Zweiten Liga zur Mittagszeit angepfiffen werden. Die Fanbusse des FC St. Pauli fahren beispielsweise am 6. März nach Heidenheim um drei Uhr morgens los.

Diese in Fußball-Deutschland gelebte Fankultur ist ein hohes Gut, an dem sich auch die Funktionäre der DFL erfreuen dürfen. Aktuell aber sind sie gerade dabei, den Bogen zu überspannen. Erst an diesem Freitag will die DFL endlich bekannt geben, an welchen Tagen genau in zwei Wochen die Spiele der Bundesliga und der Zweiten Liga stattfinden. Bis heute wissen zum Beispiel die Anhänger des HSV nicht, ob ihre Mannschaft am 11., 12. oder 13. März in Leverkusen spielt. In der Zweiten Liga könnten sogar vier verschiedene Tage infrage kommen. Als Grund für dieses höchst fanunfreundliche Verhalten wird die Tatsache angeführt, dass bis Donnerstag noch vier Bundesligaclubs in der Europa League vertreten waren und man abwarten wollte, wer ausscheidet, was in Form von Augsburg und Schalke 04 dann auch geschah.

Doch was, bitte, haben St. Pauli und Paderborn, Karlsruhe und Heidenheim oder Sandhausen und Düsseldorf mit der Europa League zu tun? Es ist offensichtlich, dass die Verantwortlichen, die sich in den gerade veröffentlichten Zuschauerzahlen sonnen, sich ein bisschen zu sicher sind, dass sie den Fans das Leben noch etwas schwerer machen können. Die Pläne, die Spieltage noch weiter zu zerstückeln, um ein paar mehr Millionen an TV-Geldern zu bekommen, sind ein weiterer Beleg für diese These. Doch der Gleichmut und die Leidensfähigkeit der zahlenden Anhänger ist nicht unendlich. Wer sie vorsätzlich überstrapaziert, riskiert damit, dass der Trend alsbald nach unten geht. Diesen dann wieder aufzuhalten, wird deutlich schwerer sein, als über ach so tolle Zahlen zu jubeln.