Wir brauchen starke Sicherheitsbehörden im Kampf gegen die Terroristen

Ein abgesagtes Radrennen in Frankfurt, eine abgesagte Großdemonstration in Dresden, ein abgesagtes Fußball-Länderspiel in Hannover. Weiträumige Absperrungen in Bremen, die Evakuierung eines Bahnhofs in München – und immer wieder spektakuläre Razzien im ganzen Bundesgebiet. Am Donnerstag war es nun wieder soweit. Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin. Die Festgenommenen sollen einen Terroranschlag geplant haben.

Noch vor wenigen Jahren waren solche Meldungen eine Ausnahme. Doch mittlerweile ist die Bedrohung durch islamistische Terroristen fast schon allgegenwärtig. Die Gründe sind schnell benannt: Da wäre der Aufstieg der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Sie ist längst ein staatsähnliches Gebilde, das nicht nur den Willen, sondern auch die Möglichkeiten hat, den Terror auch nach Europa zu tragen. Da wäre zum Zweiten die steigende Zahl der „Gotteskrieger“ aus Deutschland, die in den Irak und nach Syrien gereist sind. Geschult an Waffen, ideologisiert und innerlich abgestumpft wollen einige „die Fackel des Dschihad“ in ihre Heimatländer tragen. Schließlich wäre da das Chaos der europäischen Flüchtlingspolitik. Anders als erhofft nutzen die Terroristen die löchrige Grenze eben doch, um unter wechselnden Identitäten von einem Land ins nächste zu reisen.

Von einem Anschlag größeren Ausmaßes ist Deutschland bisher dennoch verschont geblieben. Doch wir sollten uns nicht täuschen. Denn Länder wie Frankreich oder die USA stehen wegen ihrer stärkeren Beteiligung am Militäreinsatz gegen den IS zwar deutlich weiter oben auf der „Hass-Liste“ der Dschihadisten. Doch der IS hat auch Deutschland ausdrücklich als Angriffsziel genannt.

Auch die nun festgenommenen mutmaßlichen Terroristen planten womöglich einen Anschlag in Berlin. Es wäre eine Katastrophe, ein Akt der Barbarei. Er würde uns alle in einen Schockzustand versetzen – und uns zu Überreaktionen und kontraproduktivem Aktionismus verleiten. Wir sollten uns daher schon jetzt, mit kühlem Kopf, auf ein solches Szenario vorbereiten.

Wir sollten uns klarmachen, dass unser Staatswesen, unsere Gesellschaftsordnung und unsere Werte durch einen Terrorakt, so grausam er auch sein mag, nicht gefährdet sind. Die europäischen Demokratien der Nachkriegszeit haben schon viele Krisen überstanden. Wir sollten im Fall eines Angriffs also nicht alles Erreichte auf den Kopf stellen. Denn nur, wenn uns die „Propaganda der Tat“ zu Überreaktionen verleitet, können die Terroristen ihr Ziel erreichen: unseren Staat erpressbar zu machen und unsere Gesellschaften zu destabilisieren.

Sollen wir uns also zum Abschuss freigeben? Natürlich nicht. Nein, wir brauchen starke Sicherheitsbehörden, wir brauchen die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten, wir brauchen V-Leute und wir müssen auch Telefone abhören, wenn mutmaßliche Terroristen über potenzielle Anschlagsziele sprechen. Wir müssen auch das Chaos in der Flüchtlingspolitik ordnen. Und der Kampf gegen den IS? Die Dschihadisten wegbomben, wie es Donald Trump will? Militärisch wäre das möglich. Doch Syrien und der Irak würden ohne eine stabile Nachkriegsordnung erneut im Chaos versinken – und die Islamisten wären danach ohnehin nicht verschwunden. Sie würden sich in der ganzen Welt neu formieren und den Angriff der „Ungläubigen“ auf das „Kalifat“ als Rekrutierungsmittel nutzen.

Einen einfachen Weg im Kampf gegen den Terrorismus gibt es nicht. Wir werden über Jahre, vielleicht über Jahrzehnte mit der Bedrohung leben müssen. Mit Razzien, abgesagten Großveranstaltungen – und früher oder später wohl auch mit einem vollendeten Anschlag. Wir müssen also Ruhe bewahren – und uns nicht einreden lassen, die Islamisten könnten unsere Gesellschaften zerstören. So viel Selbstbewusstsein dürfen wir uns erlauben.