Der SPD-Politiker Falko Droßmann soll neuer Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte werden.
Der Posten des Bezirksamtsleiters ist im politischen System des Stadtstaats Hamburg im Grunde ein Zwitter. Formal handelt es sich schlicht um einen leitenden Verwaltungsbeamten, der die politischen Vorgaben des Senats und der Bezirksversammlung umzusetzen hat. Aber der Bezirksamtsleiter wird – im Unterschied zu „normalen“ Beamten – von der Bezirksversammlung gewählt, noch dazu befristet auf sechs Jahre. Und er kann jederzeit abgewählt werden. Das macht ihn zu einer Art politischen Beamten. Eine Ahnung von dieser Seite des Jobs gibt der Begriff des „Bezirksbürgermeisters“, der fälschlicherweise für die Verwaltungschefs verwendet wird.
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat seine Erwartungen an Bezirksamtsleiter früh auf seine Art deutlich gemacht. Nach Scholz’ Amtsantritt 2011 wurden im Schnelldurchlauf die beiden Bezirkschefs ohne SPD-Parteibuch (in Wandsbek und Harburg) abgewählt und durch Genossen ersetzt. In drei weiteren Fällen waren seitdem Neuwahlen erforderlich: In Nord und Mitte folgten Sozialdemokraten auf Sozialdemokraten. In Altona auf einen Parteilosen mit Liane Melzer die einzige Frau neben sechs Männern, Sozialdemokratin auch sie.
Scholz ist Zentralist, dem es um eine zügige und möglichst geräuschlose Erledigung seines politischen Programms geht. Das gilt, um nur zwei wesentliche Beispiele zu nennen, für das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm des Senats genauso wie für die Bereitstellung von Flächen und Unterkünften für die Unterbringung von Flüchtlingen. Der kurze Dienstweg zwischen Rathaus und dem jeweiligen Bezirksamt kann da durchaus hilfreich sein. Etwas vornehmer ausgedrückt: Scholz schätzt die zweite Loyalitätsebene neben der des Beamten: die des Parteifreundes.
Es ist insofern nicht den Hauch überraschend, dass mit SPD-Bezirksfraktionschef Falko Droßmann wieder ein Sozialdemokrat Mitte-Bezirksamtsleiter und Nachfolger von Andy Grote (SPD) werden soll, seit vergangener Woche neuer Innensenator.
Nun werden die selbstbewussten Mitte-Genossen um SPD-Kreischef Johannes Kahrs nicht der ausdrücklichen Ermunterung des Bürgermeisters bedurft haben, um einen der ihren zum Verwaltungschef zu küren. Für Droßmann spricht fraglos seine langjährige Erfahrung und Verankerung in diesem spannendsten, aber eben auch krisenanfälligsten der sieben Bezirke.
Und der Oberstleutnant gilt durchaus als streitbarer Politiker. Ihm ist insofern zuzutrauen, dass er auch einmal – wenigstens mit Worten – „aufmuckt“ gegenüber Senat und Bürgerschaft, wenn die Zumutungen für Hamburg-Mitte mit seinen vielfältigen Problemen zu groß werden sollten. Droßmann könnte sich im Falle seiner Wahl in die Tradition der beiden Vorgänger einreihen: Grote und mehr noch Markus Schreiber, der bis 2012 im Amt war, nutzten ihren begrenzten Spielraum bisweilen für öffentliche Kritik an Senat und Bürgerschaft.
Dennoch: Man kann das Vorgehen der Scholz-SPD als lupenreine Parteibuchpolitik kritisieren. Eine Ausschreibung dieses wichtigen Verwaltungspostens, auf die Rot-Grün im Bezirk offensichtlich verzichten will, wäre der klügere, weil transparentere Weg. Ein starker Kandidat wie Droßmann muss eine Ausschreibung nicht fürchten. Der politischen Kultur dieses Bundeslandes mit einer sehr stark dominierenden Partei würde ein solches Verfahren gut tun. Es stimmt zwar nicht, dass Scholz Posten nur nach Parteibuch vergibt (so ist etwa Christdemokrat Stefan Schulz Rechnungshofpräsident geworden). Aber der Eindruck wird so verstärkt.