Neuer Museumschef muss mit knappen Mitteln Großes leisten

Als Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) am Mittwoch ziemlich überraschend den künftigen Kunsthallen-Direktor vorstellte, bemühte sie ein abgewandeltes Bibel­zitat, um die ungewöhnlich lange Kandidatensuche zu erklären: „Alles hat seine Zeit, aber manches braucht eben auch seine Zeit, bevor es gut wird.“

Mit Christoph Vogtherr, dem bisherigen Direktor der renommierten Londoner Wallace Collection, konnte sie in der Tat einen Kunsthistoriker präsentieren, der das Zeug hat, den zwar ehrenvollen, aber eben auch nicht ganz unproblematischen Posten des Kunsthallen-Direktors erfolgreich zu übernehmen. Wenn Vogtherr am
1. Oktober sein Amt antritt, übernimmt er zwar ein „grundsaniertes“ Haus, das sich so glanzvoll wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr präsentiert. Doch die Tatsache, dass die Kunsthalle von einer Doppelspitze geführt wird, setzt Vogtherrs Gestaltungswillen zugleich gewisse Grenzen, zumal ihm mit Stefan Brandt ein kaufmännischer Geschäftsführer zur Seite steht, der sich nicht nur als Zahlenmensch, sondern auch als Kulturmanager versteht.

Dass Vogtherr spektakuläre Sonderausstellungen mit einer gewissen Skepsis beurteilt und den Fokus eher auf den Reichtum der eigenen Bestände lenken will, die es für das Publikum neu zu entdecken gelte, ist vielleicht keine schlechte Voraussetzung für sein künftiges Amt. Denn die Neueröffnung der sanierten Kunsthalle wird zwar gewiss glanzvoll werden, doch die finanziellen Perspektiven für die kommenden Jahre könnten eher Bescheidenheit erfordern. Denn angesichts der enormen aktuellen Herausforderungen wie der Flüchtlingskrise könnten sich die künftigen Belastungen des Haushalts leider auch auf die Kultur auswirken.

Da stimmt es hoffnungsvoll, dass Christoph Vogtherr den Standort der Kunsthalle inmitten der gesellschaft­lichen Veränderungen unserer Zeit sieht: Museen seien „als politische Verständigungsorte“ gegründet worden, sagte er in seinem ersten Abendblatt-Interview. So könnten sie auch Menschen aus anderen Kulturen davon überzeugen, wie lohnenswert es ist, sich mit Kunstwerken unserer Kultur auseinanderzusetzen.

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