Die Zuschauer sind sturzbetrunken und benehmen sich wie 16-jährige Vorstadt-Prolls bei ihrer ersten Malle-Tour. Die Hälfte der Spieler würde problemlos einen Job in jeder Geisterbahn der Welt bekommen. Sie haben Tattoos (meist aus einer Zeit, in der sie noch nicht hip waren) und Bäuche, die sich mit dem Marlon Brandos in seiner Endphase locker messen können. Richtig – es geht um Darts, eine Sportart, die auch in Deutschland immer beliebter wird, und die gerade ihren Weltmeister gekürt hat. Sport?

Aber ja. Und was für einer! Wer je versucht hat, 501 Punkte an der Dartscheibe runterzuspielen und nach 21 Würfen die Hälfte geschafft hat, der weiß, was es bedeutet, nach 9 bis 15 Pfeilen bei der Null angekommen zu sein. Unter fünf Stunden Training pro Tag kommt man da nicht weit. Was macht denn Sport aus? Messbare Leistungen, Wettkampf, Nervenstärke. Die braucht ein Dartspieler mehr als die allermeisten Leistungssportler, denn mit 3000 grölenden Irren im Rücken sollte man nicht allzu sensibel sein ...

Darts ist gewissermaßen die Rache des kleinen Mannes am Leistungssport. Mögen die durchtrainierten Schwimmer und Zehnkämpfer die hübscheren Frauen abbekommen. Mehr Spaß beim Sport haben sie bestimmt nicht. Und mehr Geld gibt es beim Darts heute auch zu verdienen. Gary Anderson hat für seine Titelverteidigung 300.000 Pfund bekommen. Der Mann ist 45 Jahre alt. Angefangen hat er übrigens mit 25 – in einer Kneipe. Das nenne ich großen Sport.