Hamburg setzt beim Wandel seiner Verkehrsinfrastruktur auf einen sanften Übergang.

Während die öffentliche Aufmerksamkeit sich seit Monaten auf die Flüchtlingsfrage oder auf den Bau preisgünstiger Wohnungen richtet, vollzieht sich Hamburgs Wandel zu einer Stadt mit modernem Verkehrssystem eher im Schatten und in kleineren Schritten.

Der Streit um das Busbeschleunigungsprogramm des Senats ist deutlich leiser geworden, seit die schlagzeilenträchtigen Baustellen auf den Hauptstraßen verschwunden sind. Auch wenn man sich als Radfahrer noch über viele holprige Fahrradwege ärgern muss: An einer Reihe von Hauptverkehrsstraßen sind die sinnvollen Erneuerungen abgeschlossen.

Die Chefs von S-Bahn und Hochbahn, Kay Uwe Arnecke und Günter Elste, verweisen auf steigende Nutzerzahlen – obwohl die Fahrt mit dem Bus oder der Bahn kein billiges Vergnügen ist. Kurz vor Jahresschluss hat der Chef der Hochbahn die Trassenführung der ersten sieben Kilometer der künftigen U-Bahnline 5 öffentlich gemacht und damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Hamburgs größtes Verkehrsinfrastrukturprojekt der kommenden Jahrzehnte gelenkt.

In Metropolen brechen Konflikte zwischen dem Neuen und dem Alten zuerst auf. Wie in einem Brennglas zeigt sich hier, was verändert werden muss. Das gilt auch für die Organisation von Mobilität. Daher wissen viele Menschen längst: Hamburg wird in 20 oder 30 Jahren wohl weit weniger autogerecht sein als heute – auch wenn das Auto bis dahin ein unverzichtbares Verkehrsmittel bleiben wird.

Der Wandel vollzieht sich nicht geradlinig, eher schleichend und wird von Widersprüchen begleitet. So hat die Zahl der Parkplätze in der Hansestadt abgenommen, während die der zugelassenen Autos in den vergangenen Jahren stieg. Car-Sharing-Angebote führen offenbar dazu, dass es zunächst mehr Pkw in der Stadt gibt.

Elektromobile werden zwar das Problem der Luftverschmutzung lösen, aber wenig an der Tatsache ändern, dass moderne Städte zu eng für massenhaften Autoverkehr geworden sind. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es geht nicht um die Verdammung des Automobils, das in vielerlei Hinsicht gute Dienste leistet. Beantwortet werden muss die Frage, wie Räder, Autos, Lastkraftwagen, Busse und Bahnen sich den knappen innerstädtischen Platz aufteilen.

Mit der Förderung des Rad- und des öffentlichen Nahverkehrs bei gleichzeitiger Ertüchtigung der Straßen sind in Hamburg die Weichen richtig gestellt. Manchem mag der Wandel zu langsam voranschreiten. Verkehr zu organisieren bedeutet jedoch, Infrastruktur zu schaffen, die auf Jahrzehnte hinaus Bestand hat. Fehler sind teuer und schwer zu korrigieren, wie die Abschaffung der Straßenbahn Anfang der 70er-Jahre belegt.

Längst hat sich die Stimmung in der Gesellschaft gewandelt: Wer heute eine A 7 quer durch Hamburg bauen wollte, würde mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt. Dennoch tut die Stadt gut daran, nichts über das Knie zu brechen. Das Mobilitätsverhalten der Menschen lässt sich am besten durch attraktive Alternativen ändern. S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke meinte jüngst in einem Gespräch mit dem Abendblatt, es seien die neuen S-Bahnangebote gewesen, die eine Nachfrage nach dem öffentlichen Personennahverkehr steigerten.

Auch deshalb ist die Ankündigung von Günter Elste ein gutes Signal für Hamburg. Die neue U-Bahnlinie wird die Stadt verändern. Langfristig.