Die grüne Umweltbehörde torpediert die Elbvertiefung – zum Schaden der Stadt

Vom vorweihnachtlichen Frieden ist im Senat derzeit wenig zu spüren. Zwar lief das erste gemeinsame Jahr mit der Flüchtlingskrise, dem HSH-Nordbank-Fiasko und der Olympia-Klatsche alles andere als rund, aber zumindest lief es ruhig ab. Geräuschlos arbeitete sich der rot-grüne Senat durch eine Fülle von Krisen, von denen er die wenigsten verursacht hat.

Nun aber ist es laut geworden. Offenbar hat die Umweltbehörde versucht, die Elbvertiefung weiter zu verzögern. So soll die Behörde unter Leitung des Grünen-Politikers Jens Kerstan eine Fristverlängerung angestrengt haben. Auf den ersten Blick darf das nicht verwundern: Die Behörde versteht es als ihre ureigene Aufgabe, die Interessen des Ökosystems zu vertreten. Viele Mitarbeiter sehen sich zuvorderst der Umwelt verpflichtet. Gerade für die Hamburger Grünen ist die ökologische Lage der Elbe und der langjährige Widerstand gegen die Hafenerweiterung in Altenwerder Teil der Partei-DNA. Man durfte daher nicht erwarten, dass die grün geprägte Umweltbehörde zum überzeugten Fahrrinnenanpasser wird.

Und doch verletzt das Vorgehen der Umweltbehörde den Geist der Zusammenarbeit und den Inhalt des Koalitionsvertrags. Der formuliert eindeutig, dass die Elbvertiefung gewollt ist. Sozialdemokraten wie Grüne haben sich zu einer verbindlichen wie zeitnahen Umsetzung der Fahrrinnenanpassung verpflichtet. Die grüne Basis hat diesen Vertrag abgesegnet. Grüne Spitzenpolitiker hatten zudem mehrfach betont, dass die Elbvertiefung längst in der Hand der Gerichte liege und eben keine politische Frage sei. Es ist aber hochpolitisch, wenn eine politische Behörde das politisch gewollte Projekt hintertreibt.

Es zeigt sich, wie klug die SPD beraten war, einen Satz in den Koalitionsvertrag hineinzudiktieren: Die Senatskanzlei, so heißt es da, koordiniert bei Hafenausbau und Elbvertiefung „die Abstimmung zwischen den Behörden“. So sollte das Störpotenzial der grünen Umweltbehörde von vorneherein beschränkt werden. Nicht ohne Grund: Im schwarz-grünen Senat von 2008 bis 2010 hatte die Umweltbehörde – etwa im Genehmigungsverfahren des Kohlekraftwerks Moorburg – mitunter wie eine Nebenregierung agiert und die Einigungen im Koalitionsvertrag hintertrieben.

Auch in der Sache erschließt sich der Vorstoß der Behörde kaum. Man darf bezweifeln, dass die neuerliche Fristverlängerung wirklich notwendig ist. Auf mehr als 6600 Seiten kamen bereits alle denkbaren Umweltauswirkungen gutachterlich zur Sprache. Seit 2004 wird die Fahrrinnenanpassung geplant, seit 2007 läuft das Planfeststellungsverfahren, 2012 ist der Planfeststellungsbeschluss ergangen. Nun geht das Jahr 2015 zu Ende. Und nichts ist passiert. Die Fahrrinnenanpassung lässt weiter auf sich warten, die Umschlagsmengen im Hafen sinken, die Wettbewerbsposition Hamburgs verschlechtert sich weiter. Übrigens mit massiven Folgen für die Allgemeinheit: Die Stadt ist Anteilseigner sowohl des Hafenlogistik-Konzerns HHLA als auch der Reederei Hapag-Lloyd. Beide leiden unter der Verzögerung der Elbvertiefung. Die ohnehin schwierige Situation des Hafens wird ohne Not weiter verschlimmert. Denn eines ist klar: Auch wenn die Senatskanzlei den grünen Senator nun zurückgepfiffen hat, wird die jüngste Volte der Umweltbehörde die Verhandlungsposition der Hansestadt sicher nicht stärken.

Ein Nein zur Elbvertiefung aber wäre ein schwerer Schlag nicht nur für die Wirtschaft und die Stadt, sondern auch für den Senat. Bürgermeister Olaf Scholz kann sich nach dem schmerzhaften Olympia-Referendum nicht noch eine Niederlage leisten.

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