Die Polizei auf St. Pauli kann die Szene allein nicht bekämpfen

Drogenhandel auf dem Kiez: Neu ist dieses Phänomen nicht. Schon seit Jahren gehören die Dealer rund um die Hafentreppe zum Straßenbild von St. Pauli. Doch der Handel mit Kokain, Marihuana und Co. hat ein Ausmaß angenommen, dass viele Gewerbetreibende und Anwohner nicht mehr akzeptieren wollen. Das will schon etwas heißen in einem Quartier, in dem Liberalität gelebt wird wie fast nirgendwo. Doch auch die allseits gelobte Toleranz der St. Paulianer hat ihre Grenzen. Wer über Junkies vor seiner Haustür stolpert oder seine Kinder zwischen Dealern hindurch zur Schule begleiten muss, verliert irgendwann die Geduld.

Doch wie löst man das Problem? Mit polizeilichen Mitteln allein scheint man den Dealern nicht beizukommen. Dafür sind die personellen Ressourcen der Davidwache in einem Stadtteil, der jede Woche von Feierwütigen überrannt wird, zu gering. Doch auch mehr Polizei vor Ort würde das Problem nicht lösen. Dafür agieren die Dealer zu geschickt. Ihnen etwas nachzuweisen ist aufwendig, und selbst wenn es gelingt: Fasst man einen, steht am nächsten Tag ein anderer dort.

Zudem besteht die Gefahr, dass das Problem mit repressiven Mitteln allein mehr verdrängt als gelöst wird. Auf der Straße wird man den Kampf gegen die Dealer kaum gewinnen können. Vielmehr wird man bei der Polizei die Bemühungen darauf richten müssen, in die Arbeit des Landeskriminalamts, vorrangig des Rauschgiftdezernats, zu investieren, um an die Kartelle und Clans im Hintergrund zu kommen, die im Gegensatz zu den Dealern die wahren Profiteure dieses Geschäfts sind.

Eine schwierige Aufgabe, die jedoch langfristig mehr Erfolg verspricht. Zugleich kommt man um eine Erkenntnis nicht herum: Wo es eine Nachfrage gibt, wird es immer einen Markt geben. Drogenhandel auf dem Kiez wird es wohl immer geben. St. Pauli hat seit jeher seine eigenen Gesetze. Dass ganze Wohnstraßen inzwischen vom Drogenhandel dominiert werden, muss man deshalb aber nicht tolerieren. Hier gilt es durch verschiedene Maßnahmen darauf hinzuwirken, die Dealer zumindest in die Gebiete abzudrängen, in denen Schulkinder nicht ihren Weg kreuzen. Allein das wäre derzeit schon ein Erfolg.