„Mein Geld! Meine Familie! Meine Karriere!“ Schon merkwürdig, mit welcher Einstellung einige HSV-Profis ihren Beruf ausüben

„Der nächste Winter kommt bestimmt.“ Mit dieser kühnen Behauptung begann einst ein vielfach gesendeter TV-Werbeslogan. Ob das nach dem nun vorgezogenen Frühling auch diesmal noch klappen wird, steht in den Sternen, aber ganz sicher ist eines: Im Fußball wird es diesen Winter tatsächlich geben. Schon bald. Sichtbar gemacht durch die Pause, die kurz vor den Weihnachtstagen eingelegt wird. Zweimal werden sie in der Bundesliga noch zur Sache kommen, dann dürfen die Füße vorerst hochgelegt werden.

Der HSV gastiert am Sonnabend in Wolfsburg, dann kommt Augsburg. Danach beginnen dann nicht nur die Vorbereitungen auf die Festtage, es wird auch die sportliche Bilanz gezogen. Nicht nur von den Verantwortlichen.

Auch die Spieler werden zurück­blicken. Ivica Olic und Marcelo Díaz haben das in den vergangenen Tagen schon ausführlich und schonungslos getan, der eine oder andere HSV-Profi wird wohl noch folgen – laufender Vertrag hin, laufender Vertrag her. Motto: „Es geht hier um mich, um mein Geld, meine Familie, meine Karriere – auch die in der Nationalmannschaft.“ Und zwar genau in dieser Reihenfolge. Ein Abfallprodukt von einer solchen Einstellung ist dann: „Was stört es mich, wie der HSV damit zurechtkommt? Ich muss an mich denken, denn Fußball kann ich nicht ewig spielen ...“

Es ist schon merkwürdig, mit welcher Einstellung einige Fußballer ihren Beruf ausüben. Spaß, Lust, Leidenschaft und der Kampfgeist, sich in seinem Team zu behaupten, spielen nur noch Nebenrollen. Egoismus regiert die Profi-Welt. Wichtig ist vor allem ein gut dotierter, auch langfristiger Vertrag – das gibt Sicherheit. Dass es bei 22 Männern (oder sogar mehr) im Kader auch immer Härtefälle gibt, dass logisch niemals alle spielen können, sollte jedem bei Vertragsunterzeichnung klar sein. Unter jenen Profis aber, die auf der Bank oder gar auf der Tribüne sitzen, werden immer mehr jene Exemplare zur Rarität, die sich in Geduld üben, die sich nicht mit dem Mund, sondern mit ihren Füßen gegen ihr Ersatzspieler-Schicksal wehren und kämpfen. Überwiegend gibt es neuerdings zwei Spielertypen: Eine Gruppe, zu der sich Olic und Díaz gesellen wollen, schmollt und will nur noch schnellstens weg. Die andere Gruppe resigniert und sitzt den beim HSV oft überdurchschnittlich gut dotierten Vertrag einfach leblos aus. Robert Tesche („Ich spiele nicht in der Zweiten Liga!“) war ein Prototyp. Auch ein Julian Green gehörte in diese Kategorie. Die Leihgabe des FC Bayern war bis Sommer 2015 HSV-Spieler – nur wer hat es gemerkt?

Und wer kennt noch Quasim Bouy und Ola John? Tatsächlich HSV-Spieler der Neuzeit. Sie wurden im Januar 2014 geliehen und gingen im folgenden Sommer. sang- und klanglos. Die Wette gilt: Beide wissen bis heute nicht, für welchen Club sie da eigentlich ein halbes Jahr trainiert und selten gespielt haben. Ihre Stammvereine hatten sie kurz „von der Backe“, und hier erhielten sie pünktlich ihr Geld. So tickt der Profifußball dieser Tage.

Drum prüfe, wen man lange bindet. Dieses Motto sollte sich der HSV künftig zu eigen machen, um Unruhe zu vermeiden. Die Beispiele Olic und Díaz zeigen jedoch, wie schwer das ist. HSV-Sportchef Peter Knäbel sagte über den Kroaten, einst Publikumsliebling, im Januar noch: „Er ist unser Wunschspieler.“ Davon ist nicht mehr viel geblieben. Im Grunde genommen gar nichts.

Wer aber ist schuld? Der Trainer? Bruno Labbadia wird nur jene Spieler aufstellen, von denen er überzeugt ist, dass sie das Beste für den HSV tun. Folglich sollten sich die Herren Profis, die mit Geld „zugeschüttet“ werden, überdenken. Um endlich so etwas wie Kampfgeist um den Job zu entwickeln. Es ist fast nie zu spät. Vielleicht bietet sich ihnen ja schon morgen in Wolfsburg die Chance eines Neuanfangs.

Die HSV-Kolumne Matz ab erscheint auch täglichim Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab.