Zukunft der HSH Nordbank bleibt nach Milliardenentscheidung der Bürgerschaft ungewiss

Gerade einmal zehn Tage ist es her, dass die Hamburger sich mit knapper Mehrheit gegen die Bewerbung um die Olympischen Spiele ausgesprochen haben. Ein Argument vieler Kritiker waren die Kosten: 1,2 Milliarden Euro aus Hamburgs Haushalt war vielen Bürgern offensichtlich zu viel. Und dann noch die 6,2 Milliarden vom Bund – wer weiß, ob der die auch bezahlt?

Das macht die historischen Dimensionen der gestrigen Entscheidung der Bürgerschaft deutlich: Unglaubliche 16,2 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen musste sie bewilligen, um die HSH Nordbank noch einmal zwei Jahre am Leben zu halten – je 8,1 Milliarden für Hamburg und Schleswig-Holstein. Auch wenn noch nicht feststeht, wie groß die Verluste wirklich sein werden, ob sie vielleicht „nur“ bei fünf Milliarden je Bundesland liegen werden, wie der Senat erwartet: Mit dem in der HSH versenkten Geld hätte Hamburg die Spiele jedenfalls locker möglich machen können.

Auf die Frage, ob die Entscheidung der Bürgerschaft richtig oder falsch war, ob sie das Risiko begrenzt oder nicht, gibt es nur eine unbefriedigende Antwort: Wir wissen es noch nicht. Vieles spricht dafür, dass die Lage mit dem nun beschrittenen Weg zumindest nicht schlimmer wird. Einiges deutet sogar darauf hin, dass er für die Länder der günstigere Weg ist. Denn ein sofortiger Zusammenbruch der Bank, der ohne diese Entscheidung gedroht hat, hätte noch teurer werden können. Außer über ihre staatliche Garantie von zuletzt sieben Milliarden hätten die Länder dann nämlich auch noch mit mehr als zehn Milliarden Euro als „Gewährträger“ gehaftet – ein Relikt aus der Anfangszeit der HSH, als sie konkurrenzlos günstig an Geld kam, weil die „Gewährträger“ Hamburg und Schleswig-Holstein für die Rückzahlung einstanden. Diese Haftung reduziert sich am Jahresende schlagartig auf 2,5 Milliarden – daher ist es vermutlich sinnvoll, die Bank über dieses Datum hinaus am Leben zu erhalten.

Die vielen Variablen und Konjunktive weisen allerdings auch auf den größten Schwachpunkt dieser „Lösung“ hin: Welche Altlasten die Länder der HSH genau abnehmen wollen, zu welchem Preis, wie stark die Kredite und die Garantie tatsächlich in Anspruch genommen werden, welche Chance auf einen Verkauf der Bank nach 2018 überhaupt besteht, welche Werte es dann eventuell noch gibt oder welche Fallstricke noch lauern – auf alle diese Fragen gibt es bislang keine konkreten Antworten. Das gilt auch für die berechtigte Frage der Linkspartei, was denn die Anwendung des extra dafür geschaffenen Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes gekostet hätte.

Letztlich ist es so: Die Abgeordneten von SPD und Grünen vertrauen darauf, dass ihr Senat sich für den richtigen Weg entschieden hat. Das dürfen sie grundsätzlich auch, denn Bürgermeister Olaf Scholz und Finanzsenator Peter Tschentscher sind keine Hasardeure, sondern – ebenso wie in Kiel Torsten Albig und Monika Heinold – kluge und erfahrene Politiker, die monatelang um die Lösung eines Pro­blems gerungen haben, das sie nicht verursacht haben. Ob dieses Vertrauen aber auch das Ausstellen eines Blankoschecks rechtfertigt, muss jeder Abgeordnete letztlich für sich entscheiden. Dass das Vertrauen bei der Opposition nicht ganz so weit geht, kann man ihr jedenfalls nicht verdenken.

Egal wie dieser letzte Akt im HSH-Drama ausgeht, bleibt zu hoffen, dass alle dafür Verantwortlichen die richtigen Lehren daraus ziehen. Dass zwei Bundesländer mit einer Mischung aus Hybris und Naivität eine ehemalige Landesbank im weltweiten Finanzcasino haben mitspielen lassen war ein unverzeihlicher Fehler. Er darf sich nie wiederholen.

Seite 11 Bericht