Dass in den Spitzenorganisationen des Weltsports personell und strukturell aufgeräumt werden muss, sollte außerhalb jeder Diskussion stehen. Das Erfreuliche aber: Die Chancen für Reformen und einen glaubwürdigen Neuanfang waren noch nie so groß wie jetzt, da sich die Verbände im offenen Wettstreit befinden, wer denn den größeren Skandal liefern kann.
Natürlich hat hier der Weltfußballverband Fifa, Markenkern Korruption, immer noch einen riesigen Vorsprung, der Leichtathletik-Weltverband IAAF scheint jedoch inzwischen konkurrenzfähig zu werden. Die französische Justiz bezichtigt den langjährigen Präsidenten Lamine Diack und Gabriele Dolle, den ehemaligen Leiter der IAAF-Antidoping-Kommission, der Bestechlichkeit und Geldwäsche. Acht russische Athleten, darunter ein Olympiasieger von London 2012, sollen sich für 1,2 Millionen Euro bei der IAAF von Dopingsperren freigekauft haben. Das überrascht nicht, konnte der gestürzte US-Radsportstar Lance Armstrong doch seine Drogenpraktiken auch nur mithilfe von Verbandsoberen mehr als ein Jahrzehnt vertuschen.
Bei allem wahrnehmbaren Streben vieler Verbände nach mehr Transparenz (das Internationale Olympische Komitee bemüht sich unter seinem Präsidenten Thomas Bach um die Offenlegung aller Geldflüsse), das Grundproblem bleibt bestehen: Es fehlt eine unabhängige Instanz, die Konten und Geschäftsvorgänge kontrolliert. Wird diese nicht geschaffen, ist jedes Misstrauen weiter berechtigt. Im Spitzensport stehen zu viel Geld, Lizenzen und Interessen auf dem Spiel, als dass man allein auf die Selbstheilungskräfte der Verbände hoffen darf. Man würde schließlich der Mafia auch nicht die Verbrechensbekämpfung überlassen.