Eine Chance für Hamburg: Warum ich als Flüchtling für Olympische Sommerspiele stimmen würde

Hamburg? Nie gehört. Erst als ich schon in Deutschland war, erfuhr ich, dass es eine Stadt gibt, die Hamburg heißt. In Syrien kennen die Menschen höchstens Berlin.

Als ich mich von meinem derzeitigen Wohnort Neu Wulmstorf das erste Mal auf den Weg nach Hamburg machte, hatte ich deswegen praktisch gar keine Erwartungen. Der erste Besuch war dann eine echte Überraschung: Wie schön ist es hier!, dachte ich. Die Alster, die Elbe, der Hafen, die Elbphilharmonie, die Architektur, die prächtigen Kirchen. Wie kann es sein, dass diese Stadt so unbekannt ist in der Welt?

Vielleicht, weil Hamburg ein bisschen das ganz Besondere fehlt, das Einzigartige. Paris hat den Eiffelturm, New York die Freiheitsstatue, Rom das Kolosseum. Und Hamburg? Hat einen tollen, großen Hafen – aber was bringt das, wenn niemand weiß, dass es eine Hafenstadt ist?

Das könnte sich bald ändern. Sollte Olympia 2024 nach Hamburg kommen, wäre die Stadt von einem Tag auf den anderen weltbekannt. Diese Chance sollten wir nutzen, weil davon alle profitieren.

Zudem erscheinen mir die Pläne nachhaltig und durchdacht: Auf dem Kleinen Grasbrook sollen nach Olympia 6000 Wohnungen entstehen, die Schwimmhalle soll ein Bad für alle werden, und die Olympiahalle soll als Kreuzfahrtterminal genutzt werden. Das klingt doch nach einem guten Plan und nicht nach absurder Verschwendung wie in Katar.

Die Gegner sagen im Moment, dass wir andere Probleme hätten als die Olympischen Spiele. Damit meinen sie vor allen Dingen die Flüchtlinge, die Hamburg viel Geld kosten. Geld, das man aus ihrer Sicht eher für Wohnraum und Integration der Flüchtlinge ausgeben sollte als für eine Sportveranstaltung in knapp zehn Jahren.

Aber ich glaube, dass man so nicht rechnen kann und sollte. Hamburg engagiert sich für Flüchtlinge so gut wie irgendwie möglich. Und ich glaube nicht, dass sich daran durch Olympia etwas ändern wird. Im Gegenteil.

Durch Olympia würden schließlich Jobs entstehen. Jobs, die von Flüchtlingen übernommen werden könnten – ein wichtiger Schritt für die Integration. Genauso wie Wohnungen, die auf dem Gelände entstehen. Ein Drittel davon sollen Sozialwohnungen sein. Auch davon können ärmere Menschen und Flüchtlinge profitieren.

Außerdem kann es ja nicht sein, dass wir – die Flüchtlinge – eine ganze Stadtentwicklungspolitik lahmlegen. Eindeutig sind die Flüchtlinge gerade das dominierende Thema, aber eine Stadt muss auch nach vorne gucken, Projekte vorantreiben und mutig sein.

Nur eines darf nicht passieren: dass sich ein ähnlicher Finanzskandal wie bei der Fußball-WM 2006 bei der Vergabe von Olympia wiederholt. Noch ist nicht geklärt, wie und ob betrogen wurde, aber ein solches Großprojekt funktioniert nur mit hundertprozentigem Vertrauen, Transparenz und Kompetenz.

Und wenn das gelingt, dann wäre ich stolz darauf, wenn die Olympischen Spiele nach Hamburg kommen. Auch wenn ich noch nicht so lange hier lebe und kein „echter“ Hamburger bin – aber das kann ja noch werden ...