Beim Referendum geht es in Hamburg im November um mehr als um die Sommerspiele 2024

Was wird die Menschen Hamburgs in den nächsten Jahren zusammen­halten? Wo sind die gemeinsamen Aufgaben und Ziele, die die Bürgerschaft dieser Stadt so dringend braucht, damit sie nicht noch weiter zerfällt, in immer kleinere und sich immer stärker unterscheidende Schichten?

Lange hat es auf diese wahrscheinlich wichtigsten Fragen für die Zukunft Hamburgs keine Antworten gegeben, weil sich kaum ein Thema fand, hinter dem sich möglichst viele gesellschaft­liche Gruppierungen versammeln konnten. Das ist jetzt anders. In diesem Monat stimmen die Bürgerinnen und Bürger über die Bewerbung für Olympische Sommerspiele ab – und in der Stadt ist nicht zu übersehen, wer sich alles damit beschäftigt: die Parteien genauso wie die Unternehmen, Naturschutzverbände genauso wie Sportvereine, Taxifahrer genauso wie Polizeibeamte. Überall wird Werbung gemacht für die eine Idee, auf die Hamburg so lange gewartet hat, am Hauptbahnhof gibt es sogar Olympia-Sushi.

Und wer in diesen Tagen am Flughafen Fuhlsbüttel ankommt, muss den Eindruck gewinnen, dass sich die Hamburger für wenig anderes interessieren als für das Jahr 2024. Das Feuer-und-Flamme-Logo ist riesig neben der Start- und-Lande-Bahn zu sehen, Siegertreppchen und unzählige Olympiaplakate stehen beziehungsweise hängen in den Terminals. Keine Frage: Der Gedanke an die Spiele prägt die Stadt schon jetzt wie keinen der anderen Bewerber, und das ist sehr gut.

So wenig die olympische Familie bis vor Kurzem mit dem Namen Hamburg (Germany!) noch etwas anfangen konnte, so sehr spricht sich jetzt herum, wie stark die Bewerbung Stadtgespräch ist. Und wie ernsthaft sich alle Beteiligten, Befürworter wie auch die Kritiker, bemühen, gemeinsam ein neues Olympiakonzept zu entwickeln. Stichworte dafür sind: Seriosität, Transparenz, Nachhaltigkeit. Und, vor allem: Beteiligung.

Hamburg ist der einzige Bewerber, der die Bürger in einem Referendum über Olympia entscheiden lässt. Das kann – natürlich nur bei einer (möglichst klaren) Mehrheit für die Spiele – einer der großen Pluspunkte der deutschen Kandidatur sein. Ein Alleinstellungsmerkmal ist es auf jeden Fall. Es soll Experten geben, die das Referendum für die größte Hürde Hamburgs auf dem Weg zum Olympiagastgeber halten. Wobei man sich national wie international kaum vorstellen kann, dass die auf ihre Stadt so stolzen Hamburger den Sieg über Berlin in der deutschen Ausscheidung nachträglich zunichtemachen ...

Klar ist: Keiner der anderen Kandidaten hat bisher so viel von der Olympiabewerbung gehabt wie Hamburg. Bekanntheit und (mediale) Präsenz stiegen weltweit in einer Art und Weise, dass Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher wahrscheinlich recht hat. Er hatte gesagt, dass die Bewerbung Hamburg mehr bringen könnte als „100 Jahre Stadtmarketing“.

Umgekehrt würde auch die olympische Idee davon profitieren, dass sie in Hamburg über Jahre bürger- und gesellschaftlicher Mittelpunkt wäre. Ganz anders als in Paris, Rom oder Los Angeles, wo die Spiele eben nur ein Ding unter vielen sind – und Olympia angesichts der Größe und der Historie der Städte so gut wie keine Chance hätte, mehr als ein paar Wochen prägend zu sein.

In Hamburg geht es dagegen nicht nur um das größte Sportereignis der Welt. Es geht darum, in der Stadt langfristig ein Thema zu verankern, an dem die Menschen zusammenarbeiten, bei dem sich möglichst viele, am besten natürlich alle, einbringen können. Das Referendum sollte dabei nur der Anfang sein.