1,3 Millionen wahlberechtigte Einwohner über 16 Jahren sind aufgerufen, beim Olympiareferendum abzustimmen.

Ja oder nein? Darum geht es im Referendum am 29. November (obwohl die Unterlagen mit „Kreuzchen“ bereits von Anfang November an zurückgesendet werden können). In der Sache geht es dabei um die Frage, ob sich Hamburg um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele im Jahr 2024 bewerben soll. Daneben geht es aber auch um die Frage, wie die Hamburger Bürger – und das sind immerhin rund 1,3 Millionen wahlberechtigte Einwohner über 16 Jahren – mit diesem ersten Referendum in der Geschichte der Stadt umgehen, wie sie sich ein eigenes Urteil bilden und ihren Bürgersinn zeigen.

Seit Wochen ist zu lesen, wer dafür und wer dagegen ist – und warum oder unter welchen Bedingungen. Die Gewerkschaften sind im Prinzip dafür, aber nur wenn die Löhne steigen und mehr Arbeitsplätze garantiert werden. Die evangelische Kirche ist im Prinzip dafür, aber nur wenn die Welt dadurch gerechter wird. Der Mieterverein ist im Prinzip dafür, aber nur wenn die Mieten nicht steigen. Und auch mancher Sportverein ist im Prinzip dafür, aber nur wenn er einen neuen Kunstrasenplatz bekommt. Der BUND, der AStA und ein paar Professoren sind wenigstens kategorisch dagegen. Die Hafenwirtschaft ist eigentlich dafür, weil die Stadt ihnen die Flächen abkaufen muss, aber gelegentlich auch dagegen, wenn der Verbandspräsident die Chance sieht, damit in die Presse zu kommen.

Und wir, „die Bürger“? Wir können gerade jetzt zeigen, was historisch immer schon der Fall war: Hamburg ist eine Stadtrepublik, die ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen und regeln kann. Man lässt sich hier weder von Kaisern und Königen noch von Fürsten und Bischöfen vorschreiben, was man zu denken hat. Da mag die Lufthoheit über die Frage, ob das Olympiakonzept denn „nachhaltig“ sei, von allen Beteiligten in vorauseilendem Eifer bereits an den Nabu delegiert worden sein, der den Daumen heben oder senken darf.

Da mag ein Rechnungshofbericht mit der Exaktheit eines kleingespitzten Bleistifts vorrechnen, dass einem nicht exakt bezifferbaren Nutzen erhebliche Kosten gegenüberstehen. Das kennen wir alles übrigens von der WM 2006, die uns das erste große Fanfest, Blue Goals über den Dächern der Stadt, einen gewaltigen Aufschwung an internationaler Bekanntheit und nicht zuletzt ein friedliches, fröhliches und völkerverbindendes Sommermärchen beschert hat.

Die Hamburger mögendie kreativen Ideen der Gebrüder Braun

„Der Hamburger Bürger“ bzw. „die Hamburger Bürgerin“ haben ihren eigenen Kopf. Sie sind einfach überwiegend Feuer und Flamme, sehen außer den Risiken auch die Chancen, strömen zu Tausenden mit Fackeln an die Binnenalster und mit Fragen zu den vielen Bürgerforen. Vielleicht haben sie bei ihrer Entscheidung auch nur ein gutes Bauchgefühl, dass eine Stadt wie Hamburg so etwas kann und sich auch zutrauen sollte. Sie mögen die kreativen Ideen der Gebrüder Braun, denen dauernd etwas Neues einfällt, um für „Hamburg 2024“ zu werben. Sie sind beeindruckt von einem Unternehmer wie Alexander Otto, der sich mit großem zeitlichen, persönlichen und auch finanziellem Engagement einsetzt.

Und am Ende finden sie einfach die Vorstellung klasse, dass in neun Jahren Sportlerinnen und Sportler vom Typ Edina Müller und Kirsten Bruhn bei den Hamburger Paralympics oder wie Artem Harutyunyan oder Moritz Fürste als Olympioniken in ihrer Heimatstadt das größte und Sportfest der Welt feiern.

Das Referendum wird nicht nur das erste seiner Art sein. Es hat auch die Chance, eine eindrucksvolle Demonstration des Bürgersinns dieser Stadt zu sein – einer Haltung von Bürgern, die sich informieren, aber nicht bevormunden lassen, und die schließlich auf ihr eigenes Urteil vertrauen. Das tun sie seit der Stadtgründung 862, und das mit Erfolg.