Firmengebäude eignen sich gut für Unterkünfte – und es gibt etliche, die leer stehen

Als das Hamburger Abendblatt vor ein paar Wochen in der Stadt nach­fragte, ob beziehungsweise wie man leer stehende Bürogebäude als Flüchtlingsunterkünfte nutzen könnte, gab es bei den Beteiligten ausweichende Antworten – vor allem solche, warum es nicht geht: keine oder zu wenige sanitäre Anlagen, fehlender Brandschutz, kaum Möglichkeiten zu kochen oder Essen zuzubereiten. Das sind Argumente, die man natürlich ernst nehmen und berücksichtigen muss, die aber ihre Wucht verloren haben in einer Zeit, in der ehemalige Baumarktfilialen als Unterbringungen für Flüchtlinge Gewohnheit sind.

Will sagen: Wenn sich Hallen, in denen bis vor Kurzem noch Tapeten und Teppiche verkauft wurden, als vorübergehende Heime eignen, dann gilt das für viele Bürogebäude umso mehr. Dies gilt besonders auch in einer Stadt wie Hamburg, in der Flächen bekanntermaßen knapp und teuer sind und es leer stehende Gewerbeimmobilien gibt. Sie haben im Vergleich zu Baumarkthallen etliche Vorteile: Bürogebäude verfügen in der Regel über relativ viele Toiletten- und Waschräume, teilweise sogar über Duschen.

Hinzu kommen oft, wenn auch nicht immer, Kantinenbereiche, dazu funktionierende Heizungen/Klima­anlagen und echte (!) Trennwände zwischen den Räumen. Außerdem sind viele der Häuser gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden.

Soll heißen: Hamburg ist schlau, wenn es jetzt umgehend versucht, nicht Baumarkt-Hallen, sondern Bürogebäude zu Flüchtlingsunterkünften zu machen – zumal es dabei in einigen Fällen nur Gewinner geben dürfte: die Stadt, weil sie schnelle Lösungen findet und auf weitere Zeltstädte etc. verzichten kann; die Flüchtlinge, weil sie in trockenen und warmen Häusern unterkommen, und die Eigentümer, die auf einmal die Chance haben, auch über Jahre leer stehende Gebäude langfristig vermieten zu können. Besser geht es angesichts der momentanen Lage kaum.

Das wissen die Betroffenen natürlich, und deshalb gibt es bei der Stadt im Augenblick keinen Mangel an Angeboten – wie es heißt, mit teilweise äußerst kreativen Vorstellungen, was die Höhe der Mieten oder die Dauer des Miet­vertrags angeht. Die Flüchtlinge sind längst, auch wenn das zynisch klingt (und manchmal ist), zu einem großen Geschäft für viele geworden, die Unterkünfte anbieten, in welcher Form auch immer. Die Behörden wissen das, und sie dürfen (und werden) sich trotz der dramatischen Zahlen hoffentlich nicht dazu hinreißen lassen, überhöhte Mieten zu bezahlen.

Hamburg ist ja gerade selbst dabei, ein sehr großes Bürogebäude in Besitz zu nehmen: Das sogenannte Springer-Haus an der Caffamacherreihe, bis Anfang des Jahres auch Sitz des Hamburger Abendblatts, geht von der Axel Springer SE an die Stadt über. Geplant ist, dort mittelfristig das Bezirksamt Mitte einziehen zu lassen. Doch vorübergehend könnten natürlich auch Flüchtlinge untergebracht werden, bevor man sich zu teuer irgendwo anders einmietet. Allein die Kantine, eine der größten und besten der Stadt, würde dafürsprechen – Vergleichbares gibt es in den bisherigen Flüchtlingsunterkünften mit Sicherheit nicht.

Welche Gebäude auch immer umgewidmet werden: Der Weg, den Hamburg mit einer Anmietung oder dem Ankauf von Gewerbeimmobilien bestreitet, ist der richtige, und man fragt sich, warum am Anfang dieser Entwicklung ausgerechnet die Baumarkhallen standen. (Ehemalige) Büro­gebäude sind darauf ausgelegt, dass Menschen sich darin wohlfühlen – und damit prädestiniert dafür, im Notfall zu Flüchtlingsunterkünften umgestaltet zu werden.