Ein Fernseherlebnis von Karolin Jacquemain

Dinge zu vergessen gehört zu unserem Alltag. Autoschlüssel. Brille. Am Vorabend geschmierte Pausenbrote für die Kinder. Aber gleich ein ganzes Körperteil? Oberkörper irgendwo zwischengeparkt und nicht wiedergefunden? So bislang noch nicht vorgekommen.

Ganz anders die ARD am Sonntagabend. Der „Tagesthemen“-Jingle erklang, die Kamera schwenkte auf die Moderatoren. Nachrichtensprecher Jan Hofer: Am Platz mit seriöser Miene. Passt. Daneben Thomas Roth, Schnauzbart sitzt, Krawatte auch. Kann im Grunde nichts mehr schiefgehen. Doch plötzlich: Irritation. Hofer und Roth sind nicht allein. Zwischen ihnen steht ein Paar Beine. Herrenbeine in Anzughose. Ohne passenden (oder auch nicht) Oberkörper. Elf Sekunden währt der Schock, dann sind die herrenlosen Beine von der Bildfläche verschwunden. Genug Zeit für die Frage: Waren wir im falschen Film? „Addams Family“? „Der weiße Hai – Angriff aufs Nachrichtenstudio“? Oder wollen die „Tagesthemen“ künftig neue Wege gehen? Sich für mehr Beinfreiheit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen einsetzen? Kopflos gehen wir zu Bett. Am nächsten Tag ist die Verwirrung komplett: Die Anzugbeine haben sich von den „Tagesthemen“ ins „Morgenmagazin“ geschlichen. Der NDR gibt sich geheimnisvoll: „Das war keine Panne.“ Beruhigend an der Unterkörper-Affäre immerhin: Die Anzughose war gewaschen und gebügelt. Der Rest ist Nebensache.