Merkels Hilfszusagean die maritime Wirtschaft ist dringend nötig. Es geht um 400.000 Jobs

Die maritime Wirtschaft ist in der politischen Wahrnehmung zuweilen unterrepräsentiert. Anders als die Automobilindustrie oder die Luftfahrt bietet sie wenig Schlüsseltechnologien, und ihre Wirkungsbereiche sind so zergliedert, dass die Branche als Ganzes selten hervortritt. Alle zwei Jahre treffen sich die wichtigsten Vertreter des Schiffbaus, der Reeder sowie der deutschen Handelshäfen zur Nationalen Maritimen Konferenz. Dort klagen sie sich ihr Leid und lassen sich von der Bundesregierung attestieren, wie wichtig sie doch für die deutsche Wirtschaft insgesamt sind.

So auch bei der 9. Nationalen Maritimen Konferenz (NMK) in diesen Tagen in Bremerhaven. Und doch ist diesmal einiges anders. Denn der Motor des deutschen Exports – zwei Drittel des deutschen Außenhandels geht über die deutschen Seehäfen – ist ins Stottern geraten. Man könnte sagen, die internationalste aller Branchen leidet unter der Globalisierung. Die deutschen Häfen befürchten Ladungsverluste an andere Häfen wie Rotterdam und Antwerpen, die kräftig neue Kapazitäten geschaffen haben. Die deutschen Reeder laufen der eigenen Flagge davon, weil die Lohnkosten für ihre Seeleute einfach nicht mit der Konkurrenz anderer europäischer Länder mithalten können. Nur die Werften, die sich nach dem Verlust des Containerschiffbaus an Asien den Spezialschiffen und der Offshore-Industrie zugewandt haben, stehen noch einigermaßen stabil da. Aber jetzt sind sie dabei, gegen die europäische Konkurrenz den Kampf um neue, effiziente und umweltverträglichere Antriebsarten zu verlieren – und rufen nach Unterstützung durch den Staat.

Und der hört hin. Auch das ist diesmal anders. Bei der Nationalen Maritimen Konferenz vor zwei Jahren sagte ein Bremer Senator frustriert: „Manchmal hat man das Gefühl, die Bundesregierung drehe der Küste den Rücken zu.“ Völlig anders waren gestern die Reaktionen auf den Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Die Kanzlerin ist der Küste zugewandt“, sagte Christian Koopmann, der Chef der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler.

Angesichts der wahren Bedeutung der maritimen Wirtschaft ist das auch angemessen. In all seinen Verästelungen bietet der Wirtschaftszweig 400.000 Arbeitsplätze und sorgt für einen Umsatz von 54 Milliarden Euro. Wer glaubt, dass dieses Geld nur an der Küste verdient wird, irrt. Viele große Schiffbauzulieferer von Siemens bis MAN sitzen in Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen. Gerade Politikern aus dem Süden musste man das in der Vergangenheit immer wieder vor Augen führen.

In Berlin ist die Botschaft aber angekommen. Die Kanzlerin will noch in diesem Jahr ein Gesetzesvorhaben für ein Nationales Hafenkonzept auf den Weg bringen. Der Maritime Koordinator, der parlamentarische Staatssekretär Uwe Beckmeyer (SPD), legte gar eine Maritime Agenda bis 2025 vor. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte zuvor einen umfassenden Antrag mit dem Titel „Die maritime Wirtschaft stärken und ihre Bedeutung für Deutschland hervorheben“ auf den Weg gebracht. In sechs Diskussionsforen hatten Politik und Wirtschaft die Themen für die NMK erarbeitet – es ist die bestvorbereitete Wirtschaftskonferenz seit Langem. Angesichts der Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss, ist das zu begrüßen.

Allerdings bleibt eines offen: Nach den umfangreichen Förderungszusagen durch die Kanzlerin fragen sich die Länder, was an Kosten auf sie zukommen wird. „Da müssen wir noch mit dem Bund reden“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Bitte schnell!