... aber mit einer Vertragsverlängerung sollte der Club noch warten. Die vielen Abfindungssummen für Trainer müssten ihm eine Lehre sein

Politik und Fußball, das ist nicht auf Anhieb nachvollziehbar, haben eine Gemeinsamkeit: das Sommerloch. Wobei der Fußball noch mehr zu bieten hat als nur ein simples Sommerloch – das sind die Länderspielpausen. Von denen gibt es reichlich, die letzte liegt nun gerade hinter uns, aber da ist es wie mit dem Winter: die nächste kommt bestimmt. Und in jenen Pausen wird von den Vereinen oft dafür gesorgt, dass die Spannung nicht abreißt. Beim HSV ist es dem AG-Chef bestens gelungen, die Pause zu überbrücken. An vielen verschiedenen Stellen hat er seinen Trainer gelobt. Dietmar Beiersdorfer wurde, es waren Archiv-Aufnahmen, Arm in Arm mit Bruno Labbadia gezeigt, und dazu gab es folgenden Text: „Bruno und der HSV, das passt sehr gut zusammen, er soll noch sehr lange für uns tätig sein.“

Heile Welt beim HSV. Und das in Sachen Trainer! Wann hat es das einmal gegeben? Nur zur Erinnerung hier jene Trainer, die der HSV in diesem Jahrtausend bislang verschliss: Pagelsdorf, Hieronymus, Jara, Toppmöller, Doll, Stevens, Jol, Labbadia, Moniz, Veh, Oenning, Cardoso, Arnesen, Fink, Cardoso, van Marwijk, Slomka, Zinnbauer, Knäbel. Kontinuität ist etwas anderes. Allein deswegen klingt es schon großartig, dass der Club-Chef den aktuellen Trainer so über den grünen Klee lobt. Die Fans bekommen bei einem solchen Harmonie-Anfall auch ganz schnell mal feuchte Augen ...

Allerdings, und das wissen die meisten Anhänger der Rothosen, gibt es auch einen kleinen, aber nicht unwesentlichen Haken an dieser Trainer-Geschichte: die Abfindungssumme. Der HSV zahlt seit Jahrzehnten für scheidende Trainer, er zahlt und zahlt und zahlt. Weil oft über das Ziel hinausgeschossen wurde: Entweder gab es gleich einen langfristigen Vertrag für den als neuen „Retter des HSV“ eingekauften Mann, oder der Kontrakt wurde nach den ersten Siegen gleich – und völlig übermütig – verlängert.

Genau deswegen zucken jetzt auch viele HSV-Fans zusammen. Lobeshymnen für den Trainer in allen Ehren, aber eine Vertragsverlängerung? Bekanntlich scheut das gebrannte Kind das Feuer. Beim HSV, das beweist die Vergangenheit, wurde aus begangenen Fehlern nie gelernt. Da wurden langfristige Verträge unterzeichnet, die jenseits von Gut und Böse waren. Und immer wurde auch viel Geld verschenkt.

Noch jedoch ist nichts passiert.Und das ist auch gut so. Dietmar Beiersdorfer hat bislang nur gelobt. Und gesagt, dass er es gerne hätte, wenn Bruno Labbadia noch möglichst lange HSV-Trainer bliebe. Bravo. Das kann wahrscheinlich ein jeder unterschreiben. Labbadia der Zweite, denn er ist bekanntlich das zweite Mal Coach in Hamburg, hat erst den HSV im Sommer 2015 vor dem Gang in die Zweite Liga bewahrt und überzeugt in diesen Monaten durch Fleiß und Akribie. Der Mann gibt alles für die Raute. Und er hat dem maroden HSV mal wieder so etwas wie Frische eingehaucht. Obwohl der Tag nicht vor dem Abend gelobt werden sollte. Immerhin aber funktioniert der HSV jetzt etwas besser, obwohl es zuletzt (die prognostizierten) Rückschläge gegeben hat. Und auch morgen könnte es erneut einen Misserfolg geben, wenn es gegen Leverkusen geht. Dennoch: Ein klitzekleiner Fortschritt beim „Relegations-Weltmeister“ ist schon unverkennbar. Dank Bruno Labbadia.

Und genau deswegen darf der Coach auch ruhig mit Lob geradezu überschüttet werden. Nur in Sachen Vertragsverlängerung sollte der HSV noch warten. Abwarten. Womit nichts, aber auch gar nichts gegen die Trainer-Qualität von Bruno Labbadia gesagt sein soll. Der Mann ist richtig hier. Und dennoch sollte der ewig klamme HSV nun endlich einmal aus seinen Fehlern die nötigen Lehren ziehen. Und dazu gehört eben, dass nichts übereilt wird. Und wenn verlängert wird, dann um ein Jahr. Nicht gleich um zwei bis fünf.

So sehr ich es Bruno Labbadia auch gönnen würde. Doch was zeigen uns die vielen zuvor aufgeführten Trainer? Richtig: Alle Herren sollten den HSV einst wieder nach oben führen, keinem ist es richtig gelungen. Deswegen: Lob ja, Vertrag noch nicht. Besser ist.

Den HSV-Blog Matz ab gibt es auch täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab.