Es dauerte am Donnerstagabend nur ein paar Minuten, da ließ sich das Unvermeidbare tatsächlich nicht mehr vermeiden. Gerade hatte Deutschland 0:1 gegen Irland verloren, hatte trotz guter oder sogar sehr guter Chancen keinen Treffer erzielt, als das Feld den sogenannten Experten überlassen werden musste. RTL-Koryphäe Jens Lehmann war der Erste, der das aussprach, was nach der überraschenden Torlospleite möglicherweise ziemlich viele dachten: Deutschland, das Land der Völlers, Klinsmanns und Seelers, brauche eine echte Neun, einen Alexander Meier oder einen Mario Gomez.

Tatsächlich hat Meier in fünf Saisonspielen vier Treffer erzielt, Gomez hat in sieben Partien sogar sechs Saisontore erzielt. Doch was die beiden großgewachsenen Sturmtanks außerdem noch eint, ist die begründete Annahme, dass wohl beide Torjäger im Einbahnstraßenspiel gegen Irland völlig fehl am Platz gewesen wären. Denn was nicht nur Lehmann angesichts der historischen Torkrisen – nur 22 Treffer in neun Spielen – vergaß: Löws extrem variables Spielsystem sieht schon seit langer Zeit keinen Gomez-Kuranyi-Lasogga-Angreifer mehr vor. Der Bundestrainer präferiert eine variable Spitze – die Experten von „Spielverlagerung.de“ sprechen von einer „fluiden Spitze“ –, die rotiert, immer anspielbar ist, schießen, passen und kombinieren kann.

Selbstverständlich kann man nach dem ersten Länderspiel in diesem Jahr ohne Treffer eine Sturmdiskussion anzetteln. Man kann aber auch ganz sachlich feststellen, dass Löws Team 17-mal auf Irlands Tor geschossen hat – und ganz einfach das Glück fehlte.

PS: Es ist ziemlich genau einen Monat her, da haben Thomas Müller und Mario Götze insgesamt fünf von sechs Treffern gegen Polen und Schottland erzielt. Und von Gomez oder Meier hat da noch niemand gesprochen. Nicht mal Jens Lehmann.