SPD-Abgeordnete Leonhard soll neue Sozialsenatorin werden
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat mit der Berufung der Familienpolitikerin Melanie Leonhard zur neuen Arbeits- und Sozialsenatorin eine mutige Entscheidung getroffen. Die fachliche Qualifizierung der 38 Jahre alten Historikerin ist unbestritten. Was der Sozialdemokratin aus Harburg aber fehlt, sind Erfahrungen in der Leitung eines großen Behörden- oder Personalapparats.
Das muss in der Politik bei der Übernahme hoher Ämter grundsätzlich kein Manko sein, wozu gibt es schließlich Staatsräte, Präsidialstäbe und andere dienstbare Geister in einer Behörde? Doch die Umstände sind in diesem Jahr wegen der Dimension der Zuwanderung von Flüchtlingen außergewöhnlich, Zeit für eine geordnete Einarbeitung in ihr Amt wird der neuen Senatorin kaum bleiben.
Der engagierten Kita-Expertin Leonhard steht gewissermaßen ein Kaltstart auf einem der heikelsten Posten bevor, den die Stadt zu vergeben hat. Und gerade jetzt, wo täglich 400 Flüchtlinge die Stadt erreichen und immer neue Quartiere für deren Unterbringung gefunden werden müssen, sind Managementqualitäten und Organisationstalent gefragt. Anders als ein Minister in einem Flächenland, für den die Städte und Gemeinden auch ein Puffer sind, hat eine Hamburger Senatorin die Probleme des Stadtstaats unmittelbar vor ihrer Haustür.
Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, wie sie offiziell heißt, ist zudem ein politischer Bauchladen. Außer um die Unterbringung von Flüchtlingen muss sich die Sozialsenatorin auch um die krisengeneigte Jugendhilfe und die Arbeitsmarktpolitik des Senats kümmern. Und vor kurzem hat die Gewerkschaft Ver.di neue Streiks der Erzieher für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen in den Kitas angekündigt. Letztlich beweist auch Melanie Leonhard Mut, sich dieser Mammutaufgabe zu stellen.
Scholz weiß um die große Herausforderung, vor der sein neues Senatsmitglied steht. Deswegen hat er Leonhard schon vorab „Klarheit und Härte“ attestiert, die es brauche, um eine Behörde zu führen. Es stimmt schon: Um erfolgreich zu sein, wird sich Leonhard nicht viele Freunde machen. Konsenspolitik stößt schnell an ihre Grenzen.