Für Hamburger Kliniken gibt es mehr Nachteile als finanzielle Erleichterungen

Künftig wird im Krankenhaus nach medizinischer Qualität bezahlt. Wer überflüssige Operationen macht, erhält kein zusätzliches Geld, und jede Klinik bekommt mehr Pfleger. So klingt die Krankenhausreform, wenn man Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und der schwarz-roten Bundesregierung folgt. Hört man auch Klinikmanager und Ärzte, hört sich das anders an: Wir werden kaputtgespart, die Bürokratie ufert aus, und von Medizin versteht die Politik rein gar nichts.

Wenn man sich tiefer gehend mit dem geplanten Krankenhausgesetz befasst, lüftet sich langsam der Schleier der Rhetorik. Zum Vorschein kommt aus Hamburger Sicht ein Paket voller Grausamkeiten mit wenigen Erleichterungen. Beispiel Qualität: Hier nehmen die meisten Häuser an Alster und Elbe bundesweit Toppositionen ein. Zwar lässt sich auch hier noch einiges verbessern, doch wo die Konkurrenz privater und frei-gemeinnütziger sowie öffentlicher (UKE) Träger so groß ist, wird der Schlechtere schnell abgestraft. Asklepios, das Albertinen, die Schön Klinik, das UKE und viele spezialisierte Häuser buhlen um Patienten. Und überflüssige Operationen? Die gibt es leider überall. Zweitmeinungsverfahren – das bieten Kliniken und Krankenkassen flächendeckend an – sind schon ein gutes Instrument, damit ein Patient nicht jeden vorgeschlagenen Eingriff auch machen lässt.

Die Trickserei mit Abermillionen Euro für mehr Pfleger ist schnell entlarvt. Auf Hamburg heruntergebrochen, bedeutet diese Reform nicht einmal drei Pfleger zusätzlich pro Haus. Zwei von drei Euro der Kosten im Krankenhaus werden vom Personal verursacht, von Pflegerinnen und Pflegern, Ärzten, Verwaltern. Die Tarif­entwicklung ist in den vergangenen Jahren ebenso wenig in den Zuwendungen an die Kliniken abgebildet worden wie die Investitionskosten. Die beziehen sich auf Innovationen, neue Therapien und Verfahren und auf neue Gebäude. Für Hirn, Geräte und Beton haben Hamburger Häuser deutlich mehr aufgewendet, als ihnen aus der öffent­lichen Hand zugewiesen wurde.

Hier zeigt sich die Ausnahmestellung Hamburgs, die mit der Reform weggebügelt werden soll. Tatsächlich sollte nicht jede Miniklinik alle Operationen machen, müssen defizitäre Häuser auf dem Land geschlossen werden. Doch wenn dadurch noch mehr Umlandpatienten nach Hamburg kommen, darf kein Krankenhaus der Metropole dafür finanziell bestraft werden, wenn es mehr operiert. Das aber sehen die Gesetzespläne vor.

Davon abgesehen, dass das am Ende endlose Klagen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen über Sinn und Zweck von Operationen befördern wird, sind Notfälle noch gar nicht berücksichtigt. Aber immer mehr Patienten drängen in die Notaufnahmen, weil sie bei Fachärzten zu lange warten müssen. Diese Patientenströme lassen sich nicht par ordre du Berlin lenken. Und nachgewiesenermaßen werden zum Teil in Flächenländern Behandlungen im (höher abgerechneten) Krankenhaus gemacht, die in Hamburg Fachärzte ambulant anbieten. Kostenbewusstsein gehört hier zur DNA der Gesundheitsmetropole.

Die Reform vom Reißbrett kommt daher wie Planwirtschaft. Es wäre sinnvoller gewesen, die Klinikinvestitionen, für die die Bundesländer verantwortlich sind, auf neue Füße zu stellen. Zu einem großen Wurf ist eine Große Koalition doch eigentlich fähig. Wenn Gesundheitsminister Gröhe vom Fach und nicht nur die B-Besetzung für den angeblich zu jungen CDU-Mann Jens Spahn wäre, hätte er die Krankenkassen mit ins Boot geholt und ihre Sorgen vor Kostensteigerungen ernster genommen. Am Ende werden die Kassen die Beiträge anheben müssen.