Schiedsrichter wehren sich gegen Respektlosigkeit.
Hamburgs Fußball-Schiedsrichter gehen auf die Barrikaden. Endlich. Es wird Zeit. Denn seit dem Saisonstart sind die Übergriffe, die Beleidigungen und Drohungen in Anzahl und Form schärfer und hemmungsloser denn je. Der sportliche Anstand geht verloren, die Hemmschwelle gegenüber den Unparteiischen in Bezug auf verbale und körperliche Attacken ist dramatisch gesunken. Deshalb gingen die Referees nun mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit – es ist ein verzweifelter Hilferuf.
„Wer den Schiedsrichter belästigt, beschimpft oder beleidigt, der hat mit dem sofortigen Verweis des Sportplatzes zu rechnen. Der Vorstand.“ Dieses Schild hing vor Jahren noch auf jedem Vereinsgelände – bis es nur noch milde belächelt und dann auch aussortiert wurde. Die Zeiten haben sich eben geändert. Sie sind aber leider nicht besser geworden. Bezeichnend, dass die Sportverbände gezwungen waren, Spielformen zu entwickeln, bei denen sich die (oft pöbelnden und zeternden) Eltern von ihren im Jugendfußball aktiven Kindern mindestens 20 Meter entfernt vom Spielfeld aufhalten müssen. Es klingt wie ein Witz, ist aber 2015 traurige Realität geworden.
Ein sachlicher Austausch, wie ihn sich die Unparteiischen wünschen würden, ist heute häufig nicht mehr möglich. Vielfach begann für den 23. Mann erst nach dem Schlusspfiff das Spießrutenlaufen – bis hin zu Handgreiflichkeiten, die mit brutalen Tritten endeten. Durch Jähzorn, Hass und Gewalt geht der Fußball zugrunde. Wer will bei solchen Übergriffen noch ein Spiel leiten? Und ein Unparteiischer gehört nun mal zum Fußball wie Tore.
Was helfen würde? Natürlich abschreckende Maßnahmen. Die Vereinsvorstände müssen ihr Hausrecht notfalls mit der Polizei durchsetzen. Längere Sperren, Punktabzüge oder gar Vereinsverbote durch die Verbände dürften als Signal dienen: Stopp, so geht es nicht weiter.
Klar ist aber auch, dass sogar der Fußball wehrlos ist gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen in unserem Land. Es ist die Zeit des Umdenkens gekommen – auch, aber nicht nur im Fußball. Ein jeder überprüfe sein Handeln, sonst ist der Fairness-Gedanke bald nur noch eine hohle Phrase.