Es war eine verblüffende Antwort. Man habe keine Kenntnis darüber, dass sich in dem Haus der Gemeinde St. Michaelis Menschen unrechtmäßig aufhielten, erklärte der Sprecher der Innenbehörde am Montag. Gemeint war die Gruppe von rund 40 Roma, die dort seit Donnerstag Unterschlupf und damit – öffentlich sichtbar – ihre Abschiebung aus Deutschland zu verhindern suchen.
Die Haltung des „Nicht-wissen-Wollens“ der Behörde ist im Lichte der großen Probleme, die gegenwärtig die Unterbringung Tausender Flüchtlinge der Stadt bereiten, seltsam, wenn nicht sogar fahrlässig. Schließlich hat zumindest ein Teil der in der Michel-Gemeinde untergekommenen Menschen offenbar einen gültigen Abschiebe-Bescheid. Man darf von der Behörde erwarten, dass diese sich um die Durchsetzung desselben kümmert.
Dieser Fall – wie bereits die Unterbringung der sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge in der St.-Pauli-Kirche – offenbart, dass Hamburg kein Problem mit dem Asylrecht, sondern eines mit seiner Durchsetzung hat. Es geht nicht darum, dass Polizisten die Kirchentür eintreten. Aber dass sie nach den Personalien fragen, dürfte nicht zu viel verlangt sein.
Die Zurückhaltung der Innenbehörde verwundert umso mehr, als Bürgermeister Olaf Scholz am Sonnabend auf einem SPD-Parteitag mit Blick auf die Zuwanderung aus Ländern des Westbalkans betonte, Arbeitsmigration und Asylrecht seien unterschiedliche Dinge. Wer das Asylrecht hochhalte, so Scholz weiter, müsse diesen Unterschied beachten.
Es ist notwendig, dass Scholz seinen Parteitagsworten Taten der Innenbehörde folgen lässt. Es reicht nicht, den Unterschied zwischen Migration und Asylrecht festzustellen. Es muss geltendes Recht auch umgesetzt – also abgeschoben – werden.
Die Herausforderungen durch den anhaltenden Zuzug von Flüchtlingen verlangen in diesen Tagen vielen Menschen hierzulande einiges ab. Sie werden sich auf eine Reihe von Veränderungen einstellen müssen. Um so wichtiger ist es, dass Errungenschaften wie ein funktionierender Rechtsstaat nicht beschädigt werden. Nicht zuletzt daran muss Politik sich messen lassen.