Gute Laune ist selten in Deutschland. Auch dann, wenn es sich um eine der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen der Erde handelt, ausgestattet mit einem Wohlstandsniveau, das seinesgleichen sucht, ja, vielleicht sogar historisch einmalig ist. Vermutlich ist sogar das Gegenteil der Fall: Die Angst, etwas von diesem Wohlstand einbüßen zu können, verdirbt so manchem die Freude am Dasein. Und der tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Gefahren lauern da viele: der kriselnde Euro, Islamisten, Überfremdung, Kriminelle, Einwanderer, eine sinkende Geburtenrate, deretwegen die Nation vor dem Verschwinden steht … Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Auf dem Fundament dieser diffuser Ängste wurden hierzulande schon verschiedene Bestseller geschrieben – und bürgerliche Protestparteien gegründet. Deren Protagonisten und Anhänger fühlten sich von den etablierten demokratischen Parteien nicht mehr ausreichend vertreten. Schnell stellten sich Wahlerfolge ein. Und für gewöhnlich ebenso schnell waren die Neugründungen wieder von der Bildfläche verschwunden.
Ein ähnliches Schicksal droht auch der AfD, der Alternative für Deutschland. Sie wurde gegründet vor allem von ehemaligen CDU-Mitgliedern, die die Politik der Kanzlerin eben nicht für alternativlos hielten und sich mit ihrem konservativ-nationalem Weltbild in einer immer moderner – manche sagen stromlinienförmiger – gewordenen Partei der Mitte nicht mehr repräsentiert fühlten. So weit, so gut.
Eines der Probleme der bürgerlichen Rebellen besteht allerdings darin, dass sie – wie auch AfD-Mitbegründer Bernd Lucke – zur Rechthaberei und zum Monologisieren neigen. Das hat nun auch ihn in den eigenen Reihen zunehmend isoliert, zu seiner Wahlniederlage auf dem Essener Parteitag und schließlich zum Austritt geführt. Mit ihm wollen geschätzte zehn Prozent der Mitglieder die ihrer Meinung nach zu weit nach rechts gerückte Partei verlassen. Möglicherweise wird es bald eine Alternative zur Alternative geben.
Denn das zweite Problem der Politneulinge ist, dass sie mangels politisch-organisatorischer Erfahrung leicht die Kontrolle über ihre Mitgliedschaft und damit auch über die Richtung der Partei verlieren. Die neue AfD-Vorsitzende Frauke Petry und ihr Vorstand weisen weit von sich, auch nur in der Nähe von rechts außen zu operieren. Dort aber liegt das Potenzial, dass die Partei über die Fünfprozenthürden bringt. Und dort wird bewusst eingesammelt, gilt die Pegida-Bewegung als natürlicher Verbündeter.
Mit oder für Menschen seriöse Politik zu betreiben, die freie Medien als Lügenpresse bezeichnen, demokratische Parteien als Systemparteien diffamieren und allerhand Verschwörungstheorien anhängen, dürfte schwierig werden. Ebenso wie weiterhin Wähler und Mitglieder aus bürgerlich-konservativen Kreisen anzuziehen, die aus welchen Gründen auch immer Probleme mit der Ehe für alle, der Währungspolitik oder auch nur der Energiewende haben.
Austritte und die mögliche Spaltung machen die AfD nicht stärker. Das muss nicht automatisch einen Verlust von Wählerstimmen bedeuten. Aber auch die wütendsten Wutbürger wollen irgendwann realistische politische Lösungen sehen und nicht nur in der eigenen Furcht baden. Und man darf gespannt sein, wann sich die neue Parteispitze in der politischen Alltagsarbeit zerlegen wird. Auf ein großes Ego und den Hang zur Rechthaberei hatte Bernd Lucke kein Monopol in der AfD. Das Scheitern schein alternativlos.