Senat muss die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen
Wie dramatisch die Zahlen sind, zeigt der Vergleich mit denen von Anfang der 1990er-Jahre. Damals kamen bis zu 25.000 Flüchtlinge in Hamburg unter – in überfüllten Wohnschiffen, heruntergekommenen Hotels und teilweise elenden Containerdörfern. Ende 2015 dürften die Spitzenwerte von vor knapp 25 Jahren, als Massen während des Balkankrieges und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks nach Deutschland flüchteten, noch überschritten sein. Der Zustrom von bis zu 200 Menschen täglich stellt eine ungeheure Herausforderung für Hamburg dar, die die Politik und Verwaltung bislang mit wenigen Ausnahmen ordentlich meistern.
Auch deshalb scheint die Bereitschaft der Hamburger zu helfen, zu spenden und sich um Flüchtlinge zu kümmern, heute ausgeprägter als in den 90ern. Es gibt Vorleserunden, Spielenachmittage, Einladungen oder ehrenamtliche Patenschaften – alles Dinge, die den Flüchtlingen zeigen, dass sie willkommen sind. Auch sind Proteste gegen Unterkünfte gemäßigt, Aufmärsche wie im Osten Deutschlands gibt es gar nicht. Was aber, wenn der Flüchtlingsstrom noch Jahre anhält? Schon heute reichen die brach liegenden Grundstücke nicht aus, um Containerdörfer aufzubauen; deshalb werden schon Parkplätze, Spielwiesen oder Parks umgewidmet.
Die Stadt muss sich jetzt gleichermaßen um die Not der Flüchtlinge und die Sorgen in Teilen der Bevölkerung kümmern. Wer um des Grüns willen an den Stadtrand oder in die Nähe eines Parks gezogen ist und jetzt stattdessen neben Containern mit mehreren Hundert Bewohnern lebt, muss das nicht mögen. Aber er muss mit seinen Ängsten ernst genommen werden. Drei Dinge sind daher wichtig: Hamburg muss dafür sorgen, dass durch Krieg und Terror traumatisierte Flüchtlinge gleichmäßig verteilt in der Stadt untergebracht, betreut und auf Dauer integriert werden. Sie muss zweitens Flüchtlinge, die keinen Anspruch auf Asyl haben, zügig abschieben, auch wenn es verständlich ist, dass beispielsweise bettelarme Serben hier auf ein besseres Leben hoffen. Und Hamburg muss drittens die Bürger frühzeitig informieren und stärker an der Planung von Unterkünften beteiligen.