Die Kunden freuen sich, die Belegschaft wird gespalten
Das Gros der Bundesbürger dürfte aufatmen: Nach mehreren Wochen hat Ver.di den Streik bei der Deutschen Post beendet. Unternehmen und Gewerkschaft haben sich auf einen Tarifabschluss geeinigt. Die heimischen Briefkästen – auch im besonders stark vom Arbeitskampf betroffenen Hamburg – werden sich in den kommenden Tagen wieder füllen, die Paketboten der Posttochter DHL klingeln endlich wieder. Am Ende des harten Arbeitskampfes steht ein Kompromiss. Schaut man auf die ordentliche Lohnerhöhung, so kann man den Eindruck gewinnen, dass Ver.di die Siegerin ist.
Allerdings sind Lohnprozente und Einmalzahlung nur ein Teil des Abschlusspakets. Denn in einem anderen zentralen Punkt konnte sich die Gewerkschaft nicht durchsetzen. Ver.di hat die Fortführung und Ausweitung der Billigtochter Delivery nicht verhindern können. Dort verdienen die Paketboten im Schnitt rund 25 Prozent unter dem Post-Haustarif.
Wie in vielen anderen Unternehmen wird nun auch bei der Deutschen Post eine Zweiklassengesellschaft zementiert: die alteingesessenen Beschäftigten gehen mit Gehältern deutlich über dem Branchenschnitt nach Hause. Die Kollegen von Delivery bekommen dagegen trotz einer annähernd gleichen Tätigkeit viel weniger überwiesen. Die Gewerkschaft hat nur aushandeln können, dass die aktuell Beschäftigten bei der Post-Tochter DHL nicht zu Delivery abgeschoben werden dürfen. Im Klartext: Wer im Unternehmen drin ist, hat Glück gehabt. Wer neu dazukommt, muss sich dagegen mit weniger zufriedengeben. So ist die Logik der neuen Arbeitswelt.
Die systematisch tolerierten Lohnunterschiede für identische Tätigkeiten im gleichen Konzern bergen immensen sozialen Sprengstoff. Denn sie sind ungerecht. Die Post ist hier nur ein Beispiel von vielen. Immer mehr Unternehmen versuchen, neue Mitarbeiter zu schlechteren Konditionen als ihre Stammbelegschaft anzustellen, gerade wenn es um einfache Tätigkeiten geht. Die Firmen verweisen hier nicht selten auf die harte Konkurrenz, die oft noch schlechter bezahle. Und die Kunden? Sie tragen zum Lohndumping bei, weil sie vor allem auf eines schauen: den niedrigsten Preis.