Neuwerk ist mehr als ein Biotop.

Für den Besucher ist die Insel ein Naturparadies, das in den letzten Jahren noch gewonnen hat. Ohne Zweifel hat es der Hamburger Insel Neuwerk gutgetan, dass sie seit 25 Jahren Teil des Nationalparks Wattenmeer ist. Seltene Seevögel finden dort die nötige Ruhe, die wattentypische Natur kann sich ohne große Störungen entwickeln. Und doch kann man die Forderung der wenigen Einwohner verstehen: Sie wollen raus aus dem Park, fühlen sich durch Regeln und Beschränkungen behindert.

Sie stecken sozusagen in einer Art Zwangskorsett des Naturschutzes. Pferdemist dürfen sie nicht so lagern wie früher und sollen ihn umständlich aufs Festland bringen, Neubauten sind kaum möglich. Ähnliche Klagen hört man von der Hafenverwaltung, die dort für den Küstenschutz zuständig ist. Was gemacht werden darf und was nicht – darüber gibt es oft Streit.

Die Forderung der Neuwerker ist aber kein Sakrileg. Warum sollte man den kleinen Inselkern, das eigentliche Dorf, nicht tatsächlich aus den Schutzzonen herausnehmen? Man könnte dort neue Bauten zulassen wie in den anderen Dörfern – etwa im Alten Land – Hamburgs auch, um den Insulanern Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Denn praktisch herrscht auf der Insel ein Bauverbot für neue Wohnhäuser. Wenigstens ein paar Blockhäuser möchten die Insulaner bauen, um Servicekräften während der Saison Wohnraum bieten zu können.

Immerhin hat der Naturschutz in diesem Fall in der Langzeitbetrachtung einen riesigen Gewinn gemacht. In den 1960er-Jahren hatte Hamburg mit Niedersachsen eben noch aus einem ganz anderen Grund über die Rückübertragung Neuwerks an Hamburg verhandelt. Der Senat plante dort einen riesigen Tiefwasserhafen – der die heute umstrittene Elbvertiefung überflüssig gemacht hätte. Sogar Pläne für ein Atomkraftwerk sollen in der Schublade der Wirtschaftsbehörde gelegen haben.

Es ist zum Glück für die Natur der Insel anders gekommen, wie wir wissen. Und gemessen an dem einst angepeilten Szenario für die Insel wäre ein bisschen mehr Freiheit für die Neuwerker wohl kein großer Verlust für den Naturschutz.