Der Rechtsruck bei der Wahl stürzt das Land in Ratlosigkeit und politische Labilität
„Wir passen auf das Dänemark auf, das du kennst“, hatte die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt dem Bürger im Wahlkampf versprochen. Es war ein geradezu verzweifelter Versuch, der in Umfragen stürmisch anwachsenden Dänischen Volkspartei noch den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Gereicht hat es nicht. Die Dänen belohnten zwar die Leistung der ersten Frau an der Regierungsspitze des Landes um die Stabilisierung der Wirtschaft, trauten aber den Rechtspopulisten doch eher zu, auf das Land aufzupassen, das sie kennen. Das heftig umkämpfte Feld der Asylpolitik war offenbar wahlentscheidend.
Der Erfolg der Volkspartei an den Urnen mit fast 22 Prozent – was sie plötzlich zur Nummer zwei der politischen Machtfaktoren hochkatapultierte – übertraf sämtliche Prognosen. Das hat mit Sicherheit mit den islamistischen Terroranschlägen in Kopenhagen Mitte Februar zu tun. Schüsse auf eine Synagoge und eine Veranstaltung zur Meinungsfreiheit – das trifft die dänische Kultur mitten ins Herz.
Dänemark steckt in einem Dilemma. Wie auch die skandinavischen Nachbarn Schweden und Norwegen ist Dänemark ein sehr liberales, weltoffenes Land und bereit, Menschen in Not zu helfen. Wie die Schweden und Norweger auch haben die Dänen allerdings ein sehr emotionales Verhältnis zu ihrer ganz besonderen Kultur, die sich im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet hat. Eine Besonderheit kommt hinzu: Dänemark hat im 19. Jahrhundert Norwegen, Lauenburg, Schleswig und Holstein abgeben müssen. Das Ergebnis war größerer Patriotismus in einem kleineren Land.
Das Dilemma liegt darin, dass die Dänen einerseits Flüchtlingen helfen wollen, aber andererseits sehen, dass sich ihr Land dadurch verändert. Das Problem islamischer Parallelgesellschaften und mangelnden Integrationswillens hat Schweden zum Beispiel auch – mit gravierenden Folgen. Skandinavier reagieren allergisch, wenn sich jemand außerhalb des ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl stellt. Und die Politik neigt nicht nur in Dänemark dazu, Flüchtlinge in großer Zahl aufzunehmen – 15.000 waren es dort allein im vergangenen Jahr – und die Menschen dann mit den Folgen alleinzulassen. Wie sich erwies, sind drei Viertel der Flüchtlinge von vor zehn Jahren heute in Dänemark arbeitslos, fast die Hälfte der Neuen scheitert am Sprachtest. Es ist ein Rezept zur Radikalisierung.
Doch ihre harte Asylpolitik allein hätte möglicherweise nicht zum großen Erfolg der Dänischen Volkspartei gereicht. Dessen staatsmännisch auftretender Chef Kristian Thulesen Dahl war aber so geschickt, nicht nur rechts zu blinken, sondern die Sozialdemokraten gleichzeitig mit einer offensiven Sozialpolitik links zu überholen. Diesem Zangenangriff hatten die Rechtsliberalen des drögen Lars Lokke Rasmussen zu wenig entgegenzusetzen.
Das Wahlergebnis führt zunächst zu Ratlosigkeit und dann wohl zu politischer Labilität. Die Sozialdemokraten sind abgewählt, die Rechtsliberalen nicht gewählt, die Volkspartei als bisher reine Protestbewegung von ihrem Erfolg überrascht und noch gar nicht sicher, ob sie überhaupt regieren will.
Eine mögliche Variante ist eine Mitte-rechts-Regierung unter einem deutlich geschwächten Rasmussen – und einem Thulesen Dahl als neuem starken Mann der dänischen Politik. Eines steht wohl fest: Die Asylpolitik Dänemarks wird weiter verschärft werden. Für Menschen in Syrien oder Somalia, die ihr Land verlassen müssen, weil sie dort keine Lebensperspektiven mehr sehen oder weil ihnen gar der Tod droht, ist dieses Wahlergebnis keine gute Nachricht.