Schaut hin, wie die Tiere leiden.
Vielen Millionen Schweinen werden jedes Jahr die Schwänze kupiert, männliche Ferkel kastriert, Hühnern die Schnäbel gekürzt. Und dies alles bei vollem Bewusstsein und ohne Betäubung. Die Liste der Grausamkeiten in deutschen Ställen ließe sich mit der Vergabe von zu vielen Medikamenten, eintöniger Ernährung oder zu geringer Stellfläche weiter fortsetzen. Dass diese Zustände nicht nur hierzulande, sondern vielerorts in Europa herrschen, entschuldigt sie nicht. Im Gegenteil: Diese Praktiken sind schlichtweg skandalös und gehören dringend geändert.
Sicherlich will kein Bauer seine Tiere absichtlich quälen. Vielmehr rechtfertigen die Landwirte und Züchter ihre Praxis als vorbeugenden Schutz, um die Aggressivität der Tiere einzudämmen. Schweine sollen sich nicht die Schwänze blutig beißen, Hühner sich nicht gegenseitig die Federn auspicken. Dennoch ist der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung eindeutig: Die Verstümmelungen sind eine Reaktion auf die nicht immer artgerechten Haltungsbedingungen. Viel zu oft wird das tierische Wohl der Profitmaximierung untergeordnet.
Umso wichtiger ist der Vorstoß der SPD, endlich auf einen Tierschutz zu dringen, der diesen Namen auch verdient hat. Das gilt für Haus- und Nutztiere. Es darf nicht sein, dass Tiere sich den Haltungsbedingungen anpassen müssen. Vielmehr müssen sich die Bedingungen nach den artgerechten Bedürfnissen der Tiere richten. Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich die Verbesserung des Tierschutzes im Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben. Nun wird es Zeit, aus wohlfeilen Absichtserklärungen konkrete Verordnungen oder Gesetze zu schmieden. Wichtig dabei ist auch die Einführung einer klaren Kennzeichnung für Fleischprodukte im Einzelhandel, die über die Art der Aufzucht des verwendeten Tieres Auskunft gibt – so wie es bei Eiern üblich ist. Denn am Ende hat auch der Verbraucher eine große Macht, durch sein Kaufverhalten dazu beizutragen, dass immer mehr Nutztiere zu Lebzeiten besser behandelt werden. Allerdings muss er dafür erstmal wissen, unter welchen Bedingungen sein Steak herangewachsen ist.