Es ist beschämend, wenn sich Normalverdiener in Hamburg keine Wohnung leisten können.
Wenn in einer Studie festgestellt wird, dass sich Normalverdiener in größeren Teilen Hamburgs keine Wohnung mehr leisten können, ist das eine niederschmetternde, eine erbärmliche Nachricht für diese Stadt. Zumal wir alle wissen, dass es nicht nur Menschen mit einem normalen, das heißt durchschnittlichen Haushaltseinkommen schwerfällt, in Hamburg ihre Miete zu bezahlen oder eine Immobilie zu kaufen. Wer sich in seinem Umfeld, bei Freunden, Bekannten oder, am besten, Nachbarn umhört, wird schnell erfahren, dass immer mehr Bürger 40 oder 50 und mehr Prozent ihres Geldes allein fürs Wohnen ausgeben. Normal wäre ein Wert um die 30, besser um die 20 Prozent. Den schafft in Hamburgs begehrtesten Lagen aber nur, wer entsprechend viel im Monat verdient.
Aber selbst die, die mehr als den Durchschnitt zur Verfügung haben, tun sich in diesen Zeiten schwer, eine Wohnung oder ein Haus zu finden, die beziehungsweise das sie bezahlen, soll heißen: sich leisten, können. Die Preisentwicklung hat absurde Züge angenommen, man könnte an dieser Stelle Hunderte Beispiele aufführen. Nehmen wir nur jenes einer gut 100 Quadratmeter großen Wohnung in unmittelbarer Nähe einer Hauptverkehrsstraße im Bereich Fuhlsbüttel, für die eine Warmmiete von rund 2000 Euro gefordert wird. Oder die Doppelhaushälfte in Alsterdorf mit einer Fläche von 150 Quadratmetern, die eine Million Euro kosten soll – selbstverständlich zuzüglich Courtage. Oder, oder, oder ... Die Einzigen, die sich darüber freuen, sind all jene, die vor ein paar Jahren eine Immobilie vergleichsweise günstig erworben haben und sie jetzt verkaufen wollen. Auch dabei lohnt sich eine kurze Recherche in der direkten Nachbarschaft. Relativ schnell wird man jemanden finden, der eine Geschichte davon erzählen kann, wie ihm für sein Haus oder seine Eigentumswohnung ein Preis geboten worden sei, der locker um 50 oder mehr Prozent über dem liegt, was er noch selbst vor kurzer Zeit dafür bezahlt hat. Wobei die meisten sich aktuell davor hüten, ihr Eigentum zu verkaufen. Erstens könnte es, gerade in den begehrten Lagen, noch weiter im Wert steigen. Und zweitens würde man für das so erzielte Geld – wenn überhaupt! – auch nur eine vergleichbare Immobilie erhalten.
Wo soll das hinführen? Wann werden sich in Hamburg „normale Familien“ wieder eine Wohnung oder ein Haus leisten können? Der Senat und die Bauwirtschaft tun mit ihrem Wohnungsbauprogramm, dass das einst ausgerufene Ziel von 6000 Einheiten pro Jahr inzwischen übersteigt, viel dafür, die Entwicklung zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen. Doch wird das reichen?
Wenn wir ehrlich sind, ist es doch fast ein Wunder (und ein Beweis für die unglaubliche Attraktivität Hamburgs), dass immer noch so viele Menschen hierher ziehen. Und, anders geht es ja leider nicht, für ihren Traum von einer schönen Wohnung in Hamburg Einschränkungen in anderen Bereichen ihres Lebens hinnehmen.
Wer eine Familie hat, wird sich, und das ist eine Gefahr, wenn Hamburg nicht endgültig zur Stadt der Kinderlosen oder Alleinlebenden werden will, genau überlegen, ob er nicht doch lieber im Umland sesshaft wird. Es lohnt sich allemal zu vergleichen, wie viel Haus- und Gartenfläche man in Pinneberg, Norderstedt, Seevetal etc. für das viele Geld erhalten würde, das man in Hamburg für eine verhältnismäßig bescheidene Wohnung ausgeben muss. Wobei: Glaubt man der Studie, haben viele Menschen diese Wahl gar nicht. Und das kann doch nicht im Sinne einer Freien und Hansestadt sein, in der möglichst jeder, wie es Bürgermeister Olaf Scholz so gern sagt, sein Glück finden soll.