Demonstranten wollen G7-Gipfel verhindern – und erwarten gleichzeitig Problemlösungen

Einmal abseits der alltäglichen Regierungsgeschäfte und außerhalb der gewohnten Büros zum vertraulichen Kamingespräch zusammenkommen – das war vor 40 Jahren einmal die Ursprungsidee der G7-Gipfel. Im Prinzip hat sich daran nichts geändert. Nur die Erwartungen an derlei Treffen sind mittlerweile ins nahezu Unermessliche gestiegen – ebenso wie die Kritik daran.

Man kann den Regierungschefs der führenden Wirtschaftsnationen vielleicht vorwerfen, dass sie wenig dazu beigetragen haben, dem entgegenzuwirken. Spektakuläre Tagungsorte und extensive mediale Vorbereitung wecken natürlich Hoffnungen – ebenso wie sie Befürchtungen und Widerstand provozieren. Eine bunte Koalition von Gipfelgegnern aller Art hat sich in Garmisch-Partenkirchen und Umgebung ebenso versammelt, wie alles , was in der Welt der Nichtregierungsorganisationen Rang und Namen hat. Die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit ist ihnen selten so sicher wie hier im Umfeld der global wichtigsten Staatenlenker.

Andererseits haben natürlich auch Spitzenpolitiker das Recht, sich zu treffen wann und wo sie es wollen – auch unbehelligt von Protestierenden. Es ist auch nicht das Ende von Demokratie und Demonstrationsfreiheit, wenn die Polizei den unmittelbaren Tagungsort abschirmt und Kundgebungen nur in angemessener Entfernung zulässt. Und die Proteste entbehren auch nicht einer gewissen Schizophrenie: Auf der einen Seite soll der teilweise als Zusammenrottung von sinis­tren Volksfeinden diffamierte Gipfel möglichst verhindert werden – andererseits wird von den dort versammelten Staatenlenkern die Lösung aller anstehenden Probleme erwartet. Und das möglichst sofort: von der Rettung des Weltklimas über die Beseitigung von Armut und Ausbeutung, der Befriedung des Nahen Ostens bis zur Beendigung des Ukraine-Konflikts und des griechischen Finanz-Dramas. Welchen Beitrag zur Weltenrettung Sitzblockaden auf oberbayerischen Landstraßen und Eisenbahngleisen leisten können, dürfte das Geheimnis des heterogenen Protestvolkes bleiben.

Die in Elmau versammelten G7-Repräsentanten haben zudem weder den Anspruch noch die Möglichkeit oder das Recht, absoluten Monarchen gleich, im engsten Kreise Entscheidungen zu fällen, die die gesamte Welt betreffen. Sie sind die gewählten Vertreter demokratischer Staaten, angewiesen auf die Unterstützung ihrer Parlamente, Partner und vor allem ihrer Bürger.

Bleibt die Frage, ob geschätzte 360 Millionen Euro an Kosten nicht ein wenig viel sind, für ein weitgehend ergebnisoffenes Brainstorming im Schatten der Zugspitze. Im Prinzip ja. Dass die Kosten für derartige Unternehmungen zunehmend aus dem Ruder laufen, liegt aber nicht nur am Sicherheitsbedürfnis der Spitzenpolitiker in Zeiten des internationalen Terrorismus. Es liegt – und zwar ganz bewusst – auch an den Aktionen der Gipfelgegner. Etwas durch Proteste so teuer zu machen, dass es am Ende eingestellt wird, ist eine bewährte Strategie deutscher Anti-Bewegungen.

Im Falle G7 ist aber zu bedenken, dass sie ihren Protest gegen jene richten, die zwar ganz sicher nicht fehlerfrei handeln und deren Tun stets auch der Kritik unterzogen werden muss. Allerdings sind sie schon durch ihre jeweiligen Landesverfassungen zur Einhaltung demokratischer Spielregeln und zur Verteidigung von Grundrechten wie der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit verpflichtet.

Im Gegensatz etwa zum russischen Präsidenten Putin, der von einigen Kritikern in der Runde vermisst wird, oder den chinesischen Machthabern.