Lasst uns Tore und Titel zählen statt Jahre und Monate

Die Führung des Hamburger SV wird in den Tagen nach dem Klassenerhalt viele Rat- und Vorschläge erhalten. Von dieser Stelle gibt es nur einen: Lieber HSV-Vorstand, stellen und bauen Sie bitte die Uhr im Volksparkstadion ab, die anzeigt, wie lange der Verein schon Mitglied der Bundesliga ist (nämlich seit deren Gründung). Die Forderung mag jetzt für den einen oder anderen verrückt klingen, weil die Fußballprofis des HSV ja in den vergangenen Wochen um nichts anderes gekämpft haben als darum, dass Hamburgs Geschichte in der höchsten deutschen Spielklasse weitergeht. Mit anderen Worten: dass die Uhr läuft.

Es wäre tatsächlich bitter gewesen, wenn der HSV bei einem Abstieg die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes hätte anhalten müssen. Aber jetzt, da der Klassenerhalt geschafft ist, wäre es eine freiwillige, eine selbst gewählte Entscheidung – und vor allem eine richtige. Denn die Fixierung auf die Uhr und die Tatsache, dass der HSV das einzige niemals aus der Bundesliga abgestiegene Gründungsmitglied ist, führt zu nichts. Im Gegenteil: Sie lässt den Verein alt aussehen, wie jemanden, der nur in und von der Vergangenheit lebt. Das ist psychologisch unklug, für Trainer und Spieler genauso wie für Mitarbeiter und Fans. Denn schließlich geht es allen nicht darum, dass der HSV möglichst lange zur Ersten Liga gehört. Viel wichtiger wäre, wenn er dort auch einmal wieder Triumphe feiern würde, die über ein gewonnenes Relegationsspiel hinausgehen. Soll heißen: Der HSV muss endlich, ja ausschließlich, nach vorn schauen und nicht ständig zurück. Dabei stört die Uhr, und deshalb muss sie weg. Es wäre ein souveränes Signal des Aufbruchs, das die Hamburger jetzt setzen könnten. Ein besserer Moment kommt nicht.

Es ist an der Zeit, die Geschichte des HSV neu zu schreiben. Dabei stört die Uhr, die in ihrer Mächtigkeit im Volkspark doch vor allem eins signalisiert: Irgendwann könntet ihr gezwungen sein, mich auszuschalten. Die dahinter auch stehende Botschaft kennt seit Montag sowieso jeder Fußballfan in Deutschland. Der HSV ist offensichtlich unabsteigbar. Dafür braucht es keine Beweise mehr. Für attraktiven, erfolgreichen Fußball dagegen schon: Lasst uns künftig Tore und Titel zählen statt Jahre und Monate!