Ein Kommentar von Holger True
Was habe eine experimentelle Black-Metal-Band aus den USA und eine norwegische Neofolk-Sängerin gemeinsam? Den Hamburger Auftrittsort: Kampnagel. Beide haben in Deutschland eine recht überschaubare Fanbasis, beide werden niemals Stadien füllen, aber dass sie hier sind, ist ein Gewinn für alle, die mit offenen Ohren durchs Leben gehen, die Lust auf Ungewöhnliches haben, abseits vom Mainstream.
Geld lässt sich mit solchen Konzerten kaum verdienen. Die gut hundert Zuschauer, die am Sonnabend den furios aufgeschichteten Soundbergen von Liturgy lauschten, bringen bei einem Ticketpreis von knapp 15 Euro nicht genug ein. Aber darum geht es hier nicht. Die Kulturfabrik Kampnagel bietet auch in Sachen Musik ein Experimentierfeld, einen Freiraum, in dem nicht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Genre zählt, sondern einzig die Qualität. Wer in die – ebenfalls wichtigen – Hamburger Jazz-, Metal- oder Rockclubs geht, weiß, was ihn erwartet. Schließlich haben die Booker ihre Zielgruppe seit Jahrzehnten fest im Visier. Wer hingegen einen Blick auf das Kampnagel-Musikprogramm wirft, spürt die Lust am Risiko. Was übrigens auch immer mal wieder, wie zuletzt bei Pianist Nils Frahm, mit einer restlos ausverkauften großen Halle belohnt wird. Natürlich befördern Subventionen den Mut, ein solches Risiko einzugehen. Einerseits. Andererseits braucht es Begeisterung, Expertise, Engagement, um diese Perlen zu finden. Auf Kampnagel scheint all das im Überfluss vorhanden. Wie wunderbar.