Das erste Relegationsspiel gegen Karlsruhe zeigte, dass die Hamburger nicht Erstliga-tauglich sind. Dennoch kann es am Montag klappen.
Relegationsspiel. Dieses Wort erklärt der Duden wie folgt: das Qualifikationsspiel zwischen (einer) der schlechtesten Mannschaft(en) der höheren und (einer) der besten der tieferen Spielklasse um das Verbleiben in der bzw. den Aufstieg in die höhere Spielklasse (Sport). Die Herren beim Duden überlegen sich aber inzwischen auch folgende Erklärung: „Relegation – der verzweifelte Versuch des HSV, mit Oberliga-Fußball die erste Klasse zu halten.“ Wobei sich in der Duden-Redaktion schon Widerstand aufgebaut haben soll, weil der Begriff „erste Klasse“ eigentlich total unpassend ist.
Ja, die Relegation. Sie war von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eigentlich schon abgeschafft worden. Der FC St. Pauli war 1991 der letzte Club, der dadurch abgestiegen war – in einer dritten Partie gegen die Stuttgarter Kickers. Dem früheren Hamburger Innensenator Werner Hackmann, der nach seiner politischen Karriere HSV-Chef wurde und später auch Boss der DFL, ist es zu verdanken, dass der HSV heute noch vom Erhalt der Bundesliga träumen darf. Hackmann nämlich kämpfte von 2004 bis kurz vor seinem Tod im Jahre 2007 immer wieder um diese Relegationsspiele. Und eines Tages, wir waren gerade gemeinsam auf einer Länderspiel-Reise (Hackmann als Delegationsleiter), berichtete er voller Stolz: „Es ist vollbracht, ich habe es geschafft, die Relegation wird wieder eingeführt. Ein Glück, denn so können wir die Saison immer noch ein wenig verlängern, es bleibt noch spannend.“ Von 2009 an gab es dann wieder die Entscheidungsspiele zwischen dem Drittletzten der Ersten Liga und dem Tabellendritten der Zweiten Liga.
Ob Werner Hackmann dort oben im Himmel dem HSV nun bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres die Daumen drückt? Oder ob er doch eher denkt, dass er den Kampf um die Relegation dann doch besser verloren hätte? Man weiß es nicht. Wahrscheinlich hätte Hackmann, wenn er noch heute DFL-Chef wäre, dafür gesorgt, dass die Bundesliga um zwei Vereine aufgestockt wird. Um damit den HSV doch noch ein weiteres Jahr Erstliga-Luft schnuppern zu lassen ...
Die Frage, ob es der HSV verdient hätte, weiterhin gegen den FC Bayern, gegen Borussia Dortmund und gegen Bayer Leverkusen um Punkte zu kämpfen, würde sich Werner Hackmann allerdings niemals gestellt haben. Für ihn gehörten die Rothosen selbstverständlich immer in die deutsche Elite-Liga. Allein schon deswegen, weil Hamburg die schönste Stadt Deutschlands ist.
Der HSV aber sollte sich dennoch, egal wie das Spiel gegen den KSC am Montag nun immer ausgehen mag, doch so langsam und auch ganz dringend hinterfragen, wieso es 2015 wieder zu diesem dramatischen Abstiegskampf gekommen ist. Und in Paderborn und Freiburg, wo die diesjährigen Bundesliga-Absteiger beheimatet sind, werden sie sich am Donnerstag enttäuscht und wahrscheinlich auch leicht wütend die Tränen von den Wangen gewischt haben, als sie diesen nicht Erstliga-tauglichen HSV in der Relegation gesehen haben. So ungerecht kann Fußball eben immer wieder sein. Zum Glück für den HSV.
Apropos. In den nächtlichen Stunden nach dem 1:1 gegen Karlsruhe führte ich noch etliche Telefonate. Es war nicht ein Pessimist dabei. Alle gehen sie ungebrochen vom Verbleib des Dinos in Liga eins aus. Und fast alle tippen auf ein 2:2 im Rückspiel. Motto: „Wo steht denn geschrieben, dass man in der Relegation auch mal gewinnen muss?“ Viele Hamburger Fußball-Fans würden zur Not auch ein 1:1 in Kauf nehmen, um dann das Elfmeterschießen zu gewinnen. Unmöglich ist nichts.
Den Beweis dafür führt der HSV schon seit Jahren an, denn er zeigt immer wieder mehr oder weniger eindrucksvoll, dass es auch mit dieser Art des unspektakulären Rück-und-Querpass-Fußballs möglich ist, im Konzert der Großen mitzumischen. Selbst wenn es dann ab und an mal ein 2:9-Debakel oder ein 0:8-Desaster geben sollte. Das sind lediglich Ausrutscher, die vom Anhang auch schnell verziehen werden. Es zählt schließlich nur der olympische Gedanke: Dabeisein ist alles.