Auch wenn es noch ein Fünkchen Hoffnung gibt im Abstiegskampf: Beiersdorfer, Knäbel und Peters müssen sich harte Fragen gefallen lassen

Abgerechnet wird zum Schluss. In dem Fall nach dem Pfingstfest. Nach dem letzten Spiel der Bundesliga-Saison 2014/15. Dann weiß der HSV nämlich auch erst, ob er nur vor einem großen Scherbenhaufen steht oder sogar vor einem gigantischen. Bis zu diesem Sonnabend um 17.20 Uhr darf noch gemutmaßt werden, in welche Richtung der Weg des HSV führt. Und vielleicht, wenn das Glück es wieder einmal sehr, sehr gut mit den Rothosen meint, wie schon im vergangenen Jahr, dann steht selbst an diesem 23. Mai noch nichts fest – nämlich dann, wenn es in die Relegation gehen sollte. Allein diese Tatsache wäre schon ein kleines Fußball-Wunder.

Ungeachtet dessen, dass die HSV-Anhänger immer noch ein Fünkchen Rest-Hoffnung mit sich herumtragen, wird hier und dort schon abgerechnet. Wobei längst nicht nur die Spieler kritisiert werden, sondern mehr und mehr auch die Verantwortlichen. Der Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer hat seinen einstmals guten und auch sehr guten Ruf eingebüßt und wird immer härter angegangen. Wenn man aus der Kirche rausgeht, ist man immer klüger. Sagt der Volksmund. Viele sind jetzt schlauer. Schlauer als im vergangenen Sommer. Damals, mit der neuen HSV-AG im Rücken, träumte jeder von einer großen Zukunft des Clubs. Zumal es mit den drei Weisen aus dem Fußball-Land, „Didi“ Beiersdorfer, Peter Knäbel und Bernhard Peters, drei Experten gab, deren Namen dafür bürgten, dass nicht noch ein weiteres Desaster folgen würde.

Hamburg war auf jeden Fall frohen Mutes. Zumal sich der HSV auch „anständig“ verstärkt hatte. Hand aufs Herz, wer hat den folgenden Spielern nicht auch zugetraut, dass sie den HSV endlich einmal wieder mindestens ins gesicherte Mittelfeld führen? Valon Behrami, Lewis Holtby, Zoltan Stieber, Nicolai Müller, Julian Green, Matthias Ostrzolek, Cleber Reis und der bis dahin nur ausgeliehene Pierre-Michel Lasogga wurden unter Vertrag genommen – und berechtigten zu etwas größeren Hoffnungen. Und trotz allem ging dieses Unternehmen so gründlich schief, dass sich der HSV, der es nicht mehr selbst in der Hand hat, sich zu retten, nun so wie noch nie mit dem Sturz in Liga zwei befassen muss. Die Frage ist jetzt nur die: Was haben Beiersdorfer, Knäbel und Peters verbrochen, dass alle neuverpflichteten HSV-Spieler nie ihre „normalen“ Leistungen abgerufen haben? Ist es tatsächlich nur die Schuld der HSV-Führung? Oder lag es eventuell doch an den Trainern und vor allem an den Profis selbst? So richtig gewehrt gegen den Untergang hat sich niemand von ihnen. Die AG-Herren nicht, die vielen Trainer nicht, die Spieler erst recht nicht.

Und damit beginnt es interessant zu werden. Wofür bekommen die Führungs-Herren ihre Millionengehälter, wenn sie erstens nicht erkennen, dass diese Mannschaft dringend Hilfe benötigt? Und wofür tragen sie Verantwortung, wenn sie nicht in der Lage sind, rechtzeitig einzugreifen, um diesen Negativ-Lauf durch entsprechende Maßnahmen zu unterbrechen? Der HSV hat, trotz der prekärer werdenden Lage, weiter still, unspektakulär und ohne Weitsicht vor sich hin gewurschtelt und nicht wahr haben wollen, dass es immer stets bergab ging.

Im Winter hätte noch die Chance bestanden, Gegenmaßnahmen einzuleiten, doch ganz offensichtlich hat da nicht nur der HSV-Anhang sorglos dem Saisonschluss entgegengeträumt (Motto: „Alles wird gut!“), sondern auch die Club-Führung war sanft entschlummert. Andernfalls hätte sie wohl etwas mehr getan, als nur Ivica Olic und Marcelo Diaz zu verpflichten ...

Wie groß die personelle Schieflage des HSV ist, zeigte sich zuletzt beim Stuttgart-Spiel. Trainer Bruno Labbadia wechselte trotz des spielerischen Offenbarungseids nur zweimal. Weil er niemanden von denen, die noch auf der Bank saßen, für fähig hielt, eine Wende in diesem Kick herbeizuführen.

Dennoch bleibt festzuhalten: Ein Fünkchen Hoffnung gibt es noch. Auch wenn man schon sehr genau hinsehen muss, um es zu erkennen. Und abgerechnet wird ja auch erst zum Schluss.

Die HSV-Kolumne Matz ab gibt es täglich im Internet unter www. abendblatt.de/matz-ab