Die linke Szene hat sich bei der Mai-Randale selbst geschadet
Das traurige Spiel hat sich wiederholt. Erst nur friedliche Märsche, rote Transparente – später Böller, Steine, Wasserwerfer, Verletzte. Das vertraute hässliche Gesicht der Ritualkrawalle zum 1. Mai. Dennoch waren die Zusammenstöße an diesem Wochenende in zweierlei Sicht erstaunlich: Lange nicht mehr war die Gewalt gegen Polizisten so hart und wahllos. Und selten zuvor konterkarierte die linke Szene ihre eigenen politischen Motive wie in diesem Jahr.
Mit der Anmeldung von zwei konkurrierenden Demonstrationen zeigten Linksradikale bereits im Vorfeld eine Zerstrittenheit, die nur den Steinewerfern hilft. Zwei Gruppen werfen sich Lüge und Verrat an der gemeinsamen Idee vor. Was da als ideologischer Konflikt verkauft wird, ist jedoch vielmehr ein Streit der Egos und Eitelkeiten – es fällt selbst Kennern der Szene schwer, die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Gruppen zu benennen. Im Ergebnis nimmt sich die staatskritische Szene selbst die Wucht, reduziert sich auf Splittergruppen, die im Krawall auch Frustbewältigung suchen.
Bei den Demonstrationen am Freitag erwiesen einzelne Teilnehmer ihrer Sache einen zusätzlichen Bärendienst. Nicht nur die Hundertschaften waren in die Gefechte auf der Straße verwickelt, auch ein Verkehrspolizist musste flüchten, der dem Demonstrationszug den Weg durch St. Pauli geebnet hatte. Die Autonomen begannen früh, sich zu vermummen, aus ihren Reihen flog der erste Stein.
Vielleicht hätten die Anmelder mit einiger Berechtigung die sehr harte Strategie der Polizei kritisieren können – im Lichte der eigenen Chaoten erscheint der Vorwurf einer „Hetzjagd“ nun kaum kraftvoll.
Wer die Leidtragenden der Randale sucht, findet schnell die verletzten Beamten. Sie sind weder für die Taktik der eigenen Führung noch die politischen Streitfälle in Hamburg verantwortlich zu machen. Zu den Verlierern gehören auch alle gemäßigten Aktivisten, die mit einem inhaltlichen Anliegen auf die Straße gegangen waren. Die Unvernünftigen haben sie einmal mehr übertönt, mit Böllern und Gewalt. Der Tag der Arbeit bleibt auch ein Synonym dafür, wie wenig Protest mit Politik gemein haben kann.