Die geforderte Absage des Konzerts wäre falsch
Eines vorweg: Frei.Wild ist eine Band, deren Wir-sind-die-armen-Verfolgten-Haltung maximal nervt. Sie gefällt sich in der Opferrolle, beklagt Medienhetze und hält sich – ähnlich wie einst die Böhsen Onkelz – für grundsätzlich missverstanden. Dabei könnte ihre dummdreiste Polemik gegen „Gutmenschen und Moralapostel“ der Soundtrack zu Pegida sein; ihr selbstgerechtes Auftreten als Anwalt der schweigenden Masse ist gerade vor dem Hintergrund der rechtsradikalen Vergangenheit von Sänger Philipp Burger schwer erträglich.
Für manche so schwer, dass im Netz nun die Petition „Keine Bühne für Nationalisten in Hamburg“ kursiert. Die derzeit 8700 Unterzeichner fordern die Absage des für morgen geplanten Konzerts in der O2 World. Allerdings nicht, weil man den Musikern konkrete Gesetzesverstöße, etwa die Aufforderung zu Rassenhass und Gewalt, nachweisen kann, sondern weil im Februar 2014 (!) ein (!!) Frei.Wild-Fan einen Politiker der Grünen angegriffen habe. Und weil „eine bedeutende Zahl von Frei.Wild-Anhängern“ im Internet Seiten von NPD, Pegida und AfD „goutiere“. Vager geht’s nimmer. Und an Sippenhaft erinnert das auch. Für ein Berufsverbot – nichts anderes wäre eine Konzertabsage – darf das nicht reichen.
Dass die Linksfraktion in der Bürgerschaft – also eine Partei, die sich den Freiheits- und Toleranzgedanken auf die Fahnen geschrieben hat – die Forderung nach einer Konzertabsage unterstützt, ist besonders absurd. Sind Berufsverbote doch okay, solange sie nur die anderen treffen?
Natürlich gilt immer und überall: Kein Fußbreit den Faschisten. Allerdings müssen es auch unzweifelhaft solche sein. Die Behauptung, Frei.Wild präsentiere auf der Bühne „ihr gefährliches Spiel als Propagandavehikel ultranationalistischer Heimatideologie“, ist eine Worthülse und kann nicht Ersatz für einen nachvollziehbaren Beweis sein. Der aber ist schwierig zu erbringen, inszeniert sich die Band doch längst – wohl aus Marketinggründen, man will ja CDs verkaufen – als antifaschistisch.
Hamburg sei eine weltoffene Stadt, erklären die Initiatoren der Online-Petition. Genau das sollte sie bleiben. Und aushalten, was nicht gefällt. Auch wenn es manchmal wirklich schwer ist.