Was die Stadt tun muss, um das Wohnen in der City erschwinglich zu halten
Hamburg ist weit davon entfernt, in Londoner oder Pariser Verhältnisse zu driften. Hierzulande werden die weniger gut Betuchten jedenfalls nicht als Sammelbestellung in die Satellitenstädte am Stadtrand geschickt. Im Gegensatz zu Normalverdienern in den beiden europäischen Supermetropolen können sich Hamburger ihre Stadt noch leisten, wenngleich mit Ach und Krach. Es gibt noch bezahlbaren Wohnraum in Innenstadtnähe. Noch.
Aber auch in Hamburg greifen die Mechanismen des Marktes. Nach wie vor übersteigt die Nachfrage vielerorts das Angebot, was steigende Mieten und einen durchaus bemerkenswerten Verdrängungswettbewerb nach sich zieht. Für einige, gerade für Familien, mündete diese Sachlage schon in die Entscheidung: Letzte Ausfahrt – Speckgürtel. Verstörenderweise kann bisher auch niemand gegen diese Entwicklung anbauen. Auch nicht der Senat mit seinem zweifellos sinnvollen Wohnungsbauprogramm.
Nach bisherigem Kenntnisstand sind jährlich 6000 neue Wohnungen, davon 2000 mit Mietpreisbindung, zu wenig, um die schleichende Dezimierung der Sozialwohnungen zu stoppen. Bis zum Jahr 2030 wird der Bestand von rund 100.000 auf gut 30.000 sinken. Demgegenüber stehen zwar viele neue, sozialwohnungsähnliche Mietverhältnisse, 4000 allein im Jahr 2014. Aber absehbar ist auch das zu wenig, um den Schwund adäquat ausgleichen zu können.
Demnach kann es für die Stadt nur heißen, den Bestand bestmöglich zu sichern, wenn nicht gar behutsam aufzubauen, denn der Bedarf ist immer noch groß. Laut Senatsantwort haben aktuell 367.000 Haushalte Anspruch auf eine geförderte Bleibe. Dem politischen Willen und der moralischen Verpflichtung steht in einer Großstadt nur die Frage im Weg: Woher Platz und Kapital nehmen?
Der Aufbruch in neue Großraumsiedlungen am Stadtrand kann dabei nicht das Mittel der Wahl sein. Denn wenn die Bausünden der 70er-Jahre mit ihren oftmals isolierten Gesellschaften und fragwürdigen Ästhetikidealen eines lehren, dann: Kann man machen, muss man aber nicht. Insofern macht der Senat mit dem vehementen Fordern der Mietpreisbremse und seiner Strategie, neue Sozialwohnungen eher kleinteilig über die Stadt zu verteilen, nicht so viel verkehrt.
Dennoch wartet bei gleichbleibend starker Nachfrage auf dem Sozialwohnungsmarkt eine Rechenaufgabe auf die neue rot-grüne Regierung. Wie schafft man es, viel neue bezahlbare Stadt in eine teure alte Stadt zu bauen? Die leichteste politische Übung wäre sicher, alte Mietpreisbindungen zu entfristen oder zu verlängern. Das würde die Problematik statistisch entzerren, inhaltlich aber kaum lösen. Für echten Zugewinn wäre es nötig, noch mehr finanzielle Anreize für Investoren zu schaffen, um diese beim Bau von Sozialwohnungen zu langfristigen Mietpreisbindungen zu motivieren. Und nicht zuletzt ist auch das städtische Wohnungsunternehmen Saga/GWG mit einem Bestand von etwa 130.000 Wohnungen angehalten, maßvoll an der Preisschraube zu drehen.
Hamburg muss ja nicht gleich dem Wiener Modell folgen, das gern als Vorbild für eine moderate Mietpreisentwicklung herangezogen wird. Aber ein bisschen mehr Wien würde auch nicht schaden. Bekanntlich besitzt die österreichische Hauptstadt etwa 220.000 Wohnungen und hat weitere 200.000 gefördert, was im Ergebnis dazu führt, dass etwa zwei Drittel aller Wiener in einer einigermaßen erschwinglichen Wohnung leben. Damit haben sie die relative Sicherheit, nicht allzu maßlosen Mietsteigerungen ausgesetzt zu sein. Diese Sicherheit hätte manch Hamburger gern.