Stolz auf die Stadt: Hamburgs Bewerbung um die Spiele aktiviert große Teile der Gesellschaft.
Wenn heute Abend der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, in Ottensen mit Bürgermeister Olaf Scholz öffentlich über die Spiele 2024 spricht, darf das als so etwas wie ein inoffizieller Start der zweiten Bewerbungsphase gelten. Knapp einen Monat ist es her, dass Hamburg den Vorzug gegenüber Berlin erhalten hat, und zuletzt schien es, als würde es um Olympia wieder etwas ruhiger werden. Nun, der Eindruck täuscht: Die Gegner der Hamburger Bewerbung haben sich am Wochenende quasi konstituiert, die Befürworter stecken bereits voll in den Vorbereitungen des Volksentscheids.
Wer die unterschiedlichen Aktionen und Initiativen vorstellen wollte, die in Hamburg in diesen Tagen für Olympia entworfen werden, bräuchte wahrscheinlich zehn solcher Leitartikel wie diesen. Ob Vereine, Verbände, Unternehmen oder, am wichtigsten, Bürger: Unzählige gesellschaftliche Gruppen wollen dabei sein, wenn ihre Stadt sich um die Sommerspiele bewirbt, und werden sich mit kreativen Vorschlägen überbieten wie sonst Hundert-Meter-Läufer mit ihren Zeiten.
Überhaupt lässt sich schon jetzt erkennen, dass bürgerschaftliches Engagement – mal ohne, mal mit, mal mit sehr viel Geld – die Hamburger Bewerbung prägen wird. Olympia ist keine (Chef-)Sache der Politik, Olympia wird ein zutiefst demokratisches, also vom Volk getragenes Unterfangen sein, im Positiven wie im Negativen.
Befürchtungen, die Politik könnte angesichts des großen Ziels andere Aufgaben vernachlässigen, dürften kaum begründet sein: Scholz und sein neuer rot-grüner Senat werden trotz (oder gerade wegen) der Bewerbung Zeit genug haben, sich um vertretbare Mieten, sozialen Ausgleich und eine gerechte Stadtentwicklung zu kümmern. Mehr noch: Olympia, wie es jetzt gedacht werden soll, kann gerade für diese Themen neue Impulse bringen. Mit einem Bewerber wie Hamburg sind Spiele voller Gigantismus oder ökonomischer beziehungsweise ökologischer Fehlentscheidungen schlicht nicht möglich.
Mit Hamburg geht Olympia nur eine Nummer kleiner.
Dass dies genau so gewollt ist, dass die Stadt eben nicht zufällig der deutsche Kandidat geworden ist, haben die Wochen seit der Bekanntgabe der Entscheidung ebenfalls gezeigt. Wer glaubte, Hamburg habe sich gegen Berlin nur knapp und etwas glücklich durchgesetzt, wurde eines Besseren belehrt. In allen Gremien, bei allen Experten gab es ein klares Votum und damit einen großen Vertrauensbeweis für die zweitgrößte deutsche Stadt. Darauf hat Hamburg, das ja nicht nur im Schatten Berlins, sondern auch in dem von München und Frankfurt stand, lange warten müssen. Und vielleicht ist auch deshalb der Wunsch in vielen gesellschaftlichen Bereichen so groß, diesem Vertrauen gerecht zu werden und zu zeigen, wozu die Bürger fähig sind.
Bei der letzten Umfrage waren knapp zwei Drittel der Hamburger für Sommerspiele in der eigenen Stadt. Aber das war kurz vor dem Finale gegen Berlin, als nicht wenige kaum daran glauben mochten, dass man sich gegen die Hauptstadt würde durchsetzen können. Nun ist die Lage eine gänzlich andere, und es ist anzunehmen, dass die Stimmung pro Olympia deutlich größer ist. Denn nun können nur noch die Hamburger, niemand sonst, verhindern, dass ihre Stadt mit einigen der anderen schönsten Städte auf der Welt um das größte Ereignis konkurriert, das diese zu bieten hat. Dass sie das tun, dass sich die Hamburger also jetzt noch mehrheitlich gegen Olympia aussprechen, wäre kurios bis absurd – weil es frontal dem so oft formuliertem Stolz der Menschen auf ihre Stadt widersprechen würde.