Die konzertierte Aktion zur Unterstützung von Flüchtlingen ist bemerkenswert

Machen wir uns nichts vor: Stiftungen sind, gerade in einer Stadt wie Hamburg, bei aller Wohltätigkeit und allem Engagement immer auch Wettbewerber. Sie konkurrieren um Spenden, um sogenannte Zustiftungen, also um Geld, aber auch um Aufmerksamkeit. Natürlich möchte eine Stiftung, dass ihre Arbeit Beachtung findet, je mehr, desto besser. Denn dadurch hebt sie sich von anderen Stiftungen ab, unterstreicht die eigene Relevanz und findet leichter weitere Unterstützer und Spender.

Dieses Bestreben haben viele, um nicht zu sagen die meisten Organisationen. Und deswegen ist es umso bemerkenswerter, dass sich in Hamburg jetzt gleich 19 Stiftungen, darunter einige der größten und bekanntesten, zusammengetan haben. Das allein wäre schon ein starkes Signal. Doch noch wichtiger ist der Grund für das neue Bündnis. Eine derart konzertierte Aktion für Flüchtlinge war (über)fällig.

Hamburg in Form seiner Stiftungen sendet damit eine wichtige Botschaft: In der Hansestadt überlassen die Bürger weder die Flüchtlinge noch den Staat, der sich um sie kümmert, sich selbst. In Hamburg sind es auch die Bürger, die auf die Menschen in ihrer Nachbarschaft zukommen, die ihnen helfen, wo sie helfen können – und die dabei jetzt von den Stiftungen selbst finanzielle Hilfe erhalten.

Angesichts dieser Ausrichtung ist es nur konsequent, dass Hamburgs Bürgerstiftung die Koordination der Flüchtlingsaktion übernimmt. So ist der Beitrag der Bürgergesellschaft zu einer der großen gesellschaftlichen Herausforderungen dieses und wahrscheinlich der nächsten Jahre perfekt. Und in den so oft zitierten und noch öfter beschworenen Begriff kommt mehr Leben. Die Bürgergesellschaft wird konkret, und die Stiftungen beweisen nach außen, dass sie sich nicht zu schade sind, im Kleinen und sehr detailliert zu helfen. Wie man hört, sind von der Idee bis zur Bekanntgabe der gemeinsamen Initiative nur wenige Wochen vergangen. Auch das ist erstaunlich, zeigt aber, wie dringend und wie groß der Handlungsbedarf bei der Bewältigung der Flüchtlingsfrage ist. Dabei kann man weder die staatlichen Stellen noch die vielen Ehrenamtlichen, die helfen möchten, allein lassen.

Gerade Letztere hatten es in der Vergangenheit nicht immer leicht, den Wunsch nach Unterstützung von Flüchtlingen in die Realität umzusetzen. Dass es für sie jetzt eine Art zen­trale Anlaufstelle gibt, ist ein Glücksfall. Kommt hinzu, dass die Bürgerstiftung in den nächsten Wochen und Monaten einen sehr guten Überblick erhalten wird, welche private Hilfe es in Hamburg für in Not geratene Menschen gibt, und was davon sinnvoll, beziehungsweise unterstützenswert ist.

Denn natürlich leben in Hamburg viele Menschen, die gern helfen würden, aber nicht wissen, wie: mit Geld, mit Sachleistungen, mit persönlichem Engagement? Was decken eigentlich die staatlichen Stellen und Hilfsorganisationen ab? Wo können sie Unterstützung von privater Seite gebrauchen, und wo ist diese vielleicht eher hinderlich, kontraproduktiv? Kann man, darf man einfach in eines der Flüchtlingsheime gehen, dort anklopfen und seine Dienste anbieten? Antworten auf diese Fragen zu finden und die so entstehenden Erkenntnisse zu sammeln und eines Tages zu bündeln, könnte ein nützlicher Nebeneffekt der konzertierten Aktion sein.

Für die Flüchtlinge, die in Hamburg untergebracht werden, war gestern ebenso wie für die Menschen, die sie hier angemessen willkommen heißen wollen, ein sehr guter Tag. Für die Stiftungen und die Stiftungs-Hauptstadt der Bundesrepublik auch. Was kann es Schöneres geben: Gewinner, wo man auch hinsieht.