Es sind auf den ersten Blick verwirrende Zahlen, die von der Wirtschaftsauskunftei Birgel am Dienstag veröffentlicht wurden. Zum einen ist die Zahl privater Insolvenzen unter den Senioren in Hamburg im vergangenen Jahr deutlich gesunken, und zwar um fast 13 Prozent. Zum anderen liegt die Hansestadt bei der Zahl der Betroffenen unter 1000 Einwohnern im bundesweiten Vergleich an der Spitze.
Diese scheinbar sich widersprechenden Zahlen verdeutlichen gut die Lebensrealität in Hamburg. Der Rückgang bei den Privatinsolvenzen spiegelt die wirtschaftlich gute Lage vieler Unternehmen der Hansestadt wieder. Da Privatinsolvenzen älterer Menschen oftmals die Folge einer gescheiterten Selbstständigkeit sind, ist es nur nachvollziehbar, dass bei wirtschaftlich guter Lage deren Zahl geringer ist.
Hinzu kommt, dass die aktuelle Rentnergeneration zu den wohlhabendsten in der Geschichte der Bundesrepublik gehört. Viele der heutigen Senioren haben während ihres Lebens ohne große Brüche gearbeitet und gut in die Rentenkasse eingezahlt. Insofern ist der Rückgang der Zahl der Privatinsolvenzen auch Ausdruck früherer Sozialpolitik, die den meisten Menschen im Alter ein würdevolles und finanziell abgesichertes Leben ermöglicht.
Die Tatsache, dass in Hamburg von 1000 der über 61-Jährigen 86 im vergangenen Jahr Privatinsolvenz anmelden mussten, verweist auf das andere Gesicht der Stadt. Es gibt eine nicht zu unterschätzende Zahl von Menschen, die von ihrer Rente nicht leben können. Rasch ausweglos wird die Situation, wenn Arztrechnungen wegen einer langwierigen Erkrankung in die Höhe schießen. Das sind oft Schicksalschläge.
Gesellschaftlich hausgemacht ist hingegen die steigende Gefahr von Altersarmut, weil Menschen während ihres Lebens nicht mehr ununterbrochen beschäftigt sind – weil sie Auszeiten nehmen für die Kindererziehung oder die Pflege ihrer Eltern. Hausgemacht ist die Gefahr von Altersarmut, weil ein Niedriglohnsektor entstanden ist, dessen negative Auswirkungen auch noch im Alter zu spüren sind.
Nicht jedes Mal droht die Privatinsolvenz. Aber der Grad ist schmaler geworden. Und dann reicht manchmal schon ein leichter Schicksalsschlag.