Impfungen dienen nicht nur dem Einzelnen, sondern der Gemeinschaft
Eine Pflicht, sich oder seine Kinder impfen zu lassen, gibt es in Deutschland nicht. Das ist wichtig zu wissen. Denn damit bleibt eine Impfung eine individuelle Entscheidung, die jeder nach bestem Wissen und Gewissen für sich und seine Familie fällen muss. Dieses gelingt am besten – wie in so vielen anderen Lebensbereichen auch –, wenn man sich umfassend informiert. Druck von außen oder gar Strafandrohungen sind hierbei nicht hilfreich. Auch wenn man immer häufiger von solchen Einflussnahmen hört, in einer Zeit, in der sich die Lager der Impfbefürworter und der Impfgegner unvereinbar gegenüberzustehen scheinen.
Was macht das Thema Impfen zu solch einem Reizthema? Es werden sich wohl nicht viele Menschen finden, denen die bisher mehr als 8800 Toten und mehr als 22.100 Erkrankten der Ebola-Epidemie in Westafrika gleichgültig sind. Würde bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg in zehn Tagen abgefragt, ob die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die Infektionskrankheit dringend vorangetrieben werden sollte, wäre eine hohe Zustimmungsquote gewiss.
Aber: Afrika ist weit weg. Und Ebola, auch wenn es einige wenige Ansteckungen von europäischen Helfern gegeben hat, ist nichts, was wir in unserem eigenen Lebensumfeld als akute Bedrohung wahrnehmen. Daher müssen wir uns auch nicht wirklich damit auseinandersetzen, ob wir uns selbst gegen Ebola impfen lassen würden.
Bei Mumps, Tetanus, Keuchhusten und Grippe etwa sieht es da schon anders aus. Mehr als 95 Prozent der Schulanfänger in Deutschland hatten 2012 die für dieses Lebensalter empfohlene Sechsfachimpfung erhalten; 35Millionen Impfdosen wurden 2011 in Deutschland mit den gesetzlichen Krankenversicherungen abgerechnet. Das zeigt eine hohe Akzeptanz von Impfungen, ein grundsätzliches Vertrauen in die Empfehlungen, die von den Ärzten und der Ständigen Impfkommission ausgesprochen werden.
Und das ist auch berechtigt. Nur durch eine hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung können schlussendlich Ausbrüche von Infektionen verhindert und Krankheiten in einem Land sogar ganz ausgerottet werden. Hier zeigt sich, dass Impfen nicht nur eine individuelle Angelegenheit ist, sondern eine gesellschaftliche Relevanz besitzt. Und genau hierin besteht der anfänglich beschriebene Konflikt: Welches persönliche Risiko bin ich bereit zu tragen (namentlich das von Impfkomplikationen), wenn es einer gemeinsamen Sache dient?
Ein Blick ins Internet, das leider viele mittlerweile als geeigneten Arztersatz ansehen, nennt hierbei so viele Argumente für, wie auch gegen das Impfen. Und die einfache Rechnung, schulmedizinisch geprägte Ärzte als Impfbefürworter und homöopathische Ärzte als Impfgegner einzugruppieren und sich dementsprechend bei der einen oder der anderen Gruppe zu informieren, greift zu kurz. So verweist etwa der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte ausdrücklich darauf, dass kein homöopathisches Mittel in der Lage ist, eine nachweisbare Immunisierung hervorzurufen.
So bleibt es dabei, bei Zweifeln den Arzt seines Vertrauens um eine genaue Darlegung von möglichen Nebenwirkungen zu bitten. Dabei sollte man bedenken, dass Impfstoffe laufend weiterentwickelt werden und so mittlerweile auch immer weniger Fremdmoleküle beinhalten, mit denen sich unser Immunsystem auseinandersetzen muss – übrigens weit weniger als die, mit denen es täglich konfrontiert ist. Und auch wenn die Pharmaindustrie sicherlich gutes Geld mit der Impfstoffproduktion verdient, zeigen Zahlen, dass dies nicht die einzige Triebfeder für ihren Einsatz ist: Den im Jahr 2013 weltweit ausgegebenen 990 Milliarden US-Dollar für Arzneimittel standen lediglich 25 Milliarden Dollar für Impfstoffe gegenüber.