Wird wirklich viel versemmelt beim HSV? Der ungeduldige Milliardär sagt, was er denkt. Auch wenn er damit im Club für Ärger sorgt

Sein Auftritt wurde von allen gelobt, er betrieb beste Eigenwerbung für sich und den HSV. Dietmar Beiersdorfer war dieser Tage Ehrengast beim Hamburger Fußball-Verband, der Ehrenamtliche ehrte. Im Rahmenprogramm gab der HSV-Vorstandsvorsitzende ein Interview, offen und ehrlich antwortete er auf alle Fragen. Nur einmal verweigerte er sich. Da ging es um sein Verhältnis zu Investor Klaus-Michael Kühne. Beiersdorfer wollte und will offenbar kein neues Öl ins Feuer gießen, die Situation ist angespannt genug – hat es den Anschein.

Nun aber hat Kühne wieder öffentlich geplaudert. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte er beispielsweise: „Ich will kein Abramowitsch werden, ich habe jetzt wirklich schon viel zu viel Geld in dieses Hobby investiert.“ Für Kühne sei das Thema HSV eine „Leidensgeschichte“, die er als „nervenzerfetzend“ bezeichnet. Und auch über die sportliche Seite seines Engagements äußerte sich der Milliardär, der sein Herz auf der Zunge trägt: „Die Mannschaft ist nicht richtig eingespielt, sie lässt den Ball nicht laufen, es wird viel versemmelt – immer wieder.“

Um eines klar zu sagen: Klaus-Michael Kühne darf so etwas sagen. Ob passend oder nicht. Der Mann hat dem Club bislang Millionen gegeben, auch geschenkt. Und steht damit allein auf weiter Flur. Niemand sonst greift dem HSV finanziell unter die Arme – ohne Kühne hätte der Laden wahrscheinlich schon lange dichtgemacht werden müssen. Und: Da Kühne seit Jahren Geld gibt, der HSV aber immer noch unten herumdümpelt, zweifelt er immer wieder einmal, ob das, was er macht, richtig ist. Und ob mit seinem Geld tatsächlich so vertrauensvoll umgegangen wird, sodass es eines (nicht ganz so fernen) Tages wieder bergauf gehen wird mit dem HSV?

Fest steht: Der Verein muss hinnehmen, dass sein größter finanzieller Förderer nicht immer nur zahlt und mit seiner Meinung hinterm Berg hält. Der Mann ist einer der reichsten Deutschen, ein solcher Mensch ist es gewohnt, dass er das sagt, was er denkt. Immer zur Kasse gebeten werden und dabei stets den Mund halten? Das funktioniert nicht mal unter besten Freunden. „Man hat ein paar teure Spieler gekauft, aber bisher keine Mannschaft formen können“, hat Kühne auch gesagt. Recht hat er. 27 Spieler hat der HSV in dieser Saison eingesetzt, aber eine Einheit gibt es immer noch nicht.

Das allerdings ist nicht neu. Ein echtes Team, eine verschworene Gemeinschaft, so etwas hat der HSV schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr zu bieten. Das aber hat auch nichts damit zu tun, dass „ein paar teure Spieler gekauft“ wurden. Das sollte Herr Kühne schon wissen. Beim HSV ist es in der Vergangenheit stets so gewesen, dass die so sehr verhätschelten Stars nur ihr eigenes Süppchen gekocht haben. Trainer Joe Zinnbauer weiß das und arbeitet daran, dass genau dies abgestellt wird.

Ohnehin, das sollte Herr Kühne bei allem Verständnis für seine Ungeduld dann auch noch wissen, wird in und an diesem HSV sehr viel gearbeitet. Es sind, auch das ist vielleicht bei dem großen HSV-Gönner noch nicht so richtig angekommen, gute Leute am Werk. Früher gab viel zu viele Sprücheklopfer, die von nichts eine Ahnung hatten, aber immer klug mitredeten. Klar, es war ja „ihr HSV“.

Heute gibt es im HSV Experten, die den Profifußball in- und auswendig kennen, die genau wissen, wo sie anzusetzen haben. Die Club- und AG-Führung hat klare Vorstellungen von dem, wie es in naher Zukunft wieder laufen soll. Über Nacht aber kann ein solches kleines Fußballwunder eben doch nicht geschehen.

Klaus-Michael Kühne sei mehr Geduld empfohlen. Und es sei ihm zudem ans Herz gelegt: Wenn Männer wie Beiersdorfer, Peter Knäbel, Bernhard Peters und Thomas von Heesen es nicht schaffen sollten, diesen maroden Club wieder aufzustellen, dann ist ohnehin Hopfen und Malz verloren. Aber, Herr Kühne, noch besteht Hoffnung.

Geben Sie nicht zu früh auf – aus Liebe zu Ihrem und zu unserem HSV.

Die HSV-Kolumne „Matz ab“ finden Sie täglich im Internet unter