Hapag-Lloyd und Hamburg Süd gehen schweren Zeiten entgegen, trotz neuer Allianzen
Manchmal gibt es keine zweite Chance. Vor knapp zwei Jahren eröffnete sich die Möglichkeit, dass die beiden großen Hamburger Reedereien Hapag-Lloyd und Hamburg Süd zusammengehen. Unter Hamburgs Schifffahrtsexperten löste die Meldung über entsprechende Hochzeitspläne eine gewisse Euphorie aus. Die Fusion der beiden mächtigen Hamburger Linien hätte ein großes, starkes Schifffahrtsunternehmen ergeben, das im globalen Wettrennen der Reedereien um möglichst viel Marktanteil hätte bestehen können. Die Geschichte ging bekanntlich anders aus. Die Eigentümer der beiden Gesellschaften konnten sich nicht einigen, sie vergaben die große Chance.
Und selbst wer leise gehofft hatte, es könnte doch noch zur Traumhochzeit kommen, ist nun auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Der Geschäftsführer von Hamburg Süd, Otmar Gast, machte beim Jahrestreffen des Zentralverbands der deutschen Seehäfen am Mittwoch deutlich, dass er an einen solchen Zusammenschluss mittelfristig nicht mehr glaubt.
In der Konsequenz arbeiten beide Unternehmen für sich allein: Hapag-Lloyd tut sich mit der größten chilenischen Reederei Compañía Sud Americana de Vapores (CSAV) zusammen, Hamburg Süd mit der zweitgrößten chilenischen Reederei Compañía Chilena de Navegación Interoceánica S.A. (CCNI). Beide mühen sich, durch weitere Allianzen im täglichen Kampf um Präsenz auf den wenigen ertragreichen Schifffahrtsrouten nicht unterzugehen. Und allen ist klar: Das ist nur die zweitbeste Lösung.
Hapag-Lloyd versucht durch die Fusion mit CSAV aus den roten Zahlen zu kommen, muss aber anerkennen, dass der neue Partner selbst in den Miesen fährt. Allein für das dritte Quartal verbuchte CSAV trotz gestiegener Transportmengen 35,4 Millionen Dollar Verlust. Hamburg Süd hat durch die Allianz mit der arabischen Reederei United Arab Shipping Company (USAC) zwar einen guten Partner gewonnen, aber eben einen, der viel kleiner ist als Hapag-Lloyd. Dabei wird immer deutlicher, dass es auf Größe ankommt. Ein Vergleich der jüngsten Quartalszahlen zeigt, dass nur die größten Containerreedereien derzeit ausreichend Geld verdienen, und daran wird sich so bald nichts ändern. Denn die Schifffahrtskrise, die 2008 infolge der Wirtschaftskrise 2007 begann, dauert immer noch an. Sie ist zum Dauerfall geworden, mit allen negativen Begleiterscheinungen wie niedrigen Fracht- und Charterraten, geringen Erlösen und vielfach Unternehmensinsolvenzen und Notzusammenschlüssen. Zwar wurden viele Schiffe verschrottet, aber das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage hat sich dennoch nicht eingestellt, weil auch viele neue Schiffe gebaut wurden. Das Überangebot an Transportkapazitäten wächst zwar nicht mehr, es hat sich aber auf hohem Niveau eingependelt.
Da können nur diejenigen Schifffahrtsunternehmen überleben, die ihren Kunden die besten Schifffahrtsverbindungen anbieten, und das zu einem günstigen Preis. Der wird aber nur mit den größtmöglichen Schiffen erzielt, weil große Schiffe Container billiger transportieren als kleine. Voraussetzung ist, dass sie gut ausgelastet sind. Dazu muss wiederum die Reederei groß sein und möglichst viele Transportmengen haben.
Das alles ist auch den Eigentümern von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd klar. Und wahrscheinlich dämmert ihnen auch, dass sie mit der vergebenen Chance viel mehr verloren haben als eine schöne Fusion. Es hilft nur nichts, der verpassten Chance nachzutrauern. Hapag-Lloyd und Hamburg Süd müssen sich auf weitere mühselige Jahre einstellen, um sich auf dem Markt zu behaupten. Dieser Weg ist ohne Alternative. Es geht um zu viele Arbeitsplätze – nicht nur bei den beiden Reedereien selbst, sondern auch im Hamburger Hafen.