Die Peschmerga-Kurden müssen Waffen erhalten

Das kurdische Wort Peschmerga bedeutet „die dem Tod ins Auge sehen“. Selten ist dies in der dramatischen Geschichte des kurdischen Volkes so wörtlich zu nehmen wie derzeit. Die Streitkräfte der autonomen irakischen Region Kurdistan befinden sich in einem verzweifelten Abwehrkampf gegen die Terror-Miliz IS. Deren Vormarsch in Syrien und im Nordirak bedeutet für die ganze Region eine tödliche Bedrohung – und liefert dem Westen ein klassisches Dilemma. Das definiert wird als zwei Möglichkeiten einer Entscheidung, die beide zu einem unerwünschten Ergebnis führen. Es geht um eine Güterabwägung.

Die erste Option wäre, die Kurden nicht mit Waffen zu beliefern. Da der IS über moderne US-Waffensysteme verfügt, die er der demoralisierten irakischen Armee abgenommen hat, könnte er die Peschmerga überwältigen. Das Resultat wären die Ausdehnung des IS-Kalifats über weitere Ölquellen im Nordirak sowie weitere Massaker an Andersgläubigen. Allein in Mossul hatte die IS 670 Insassen eines Gefängnisses im Stil einer SS-Einheit selektiert und ermordet, weil sie keine Sunniten waren. Eine Stärkung des Kalifats, das Dschihadisten aus aller Welt anlockt, könnte in den Kollaps der Nationalstaaten Irak und Syrien münden – mit unabsehbaren sicherheitspolitischen Konsequenzen.

Die zweite Option – für die sich die Bundesregierung mit Recht entschieden hat – ist, die Kurden zumindest so weit mit Infanteriewaffen zu versorgen, dass sie sich verteidigen können. Es ist derzeit die beste unter den schlechten Möglichkeiten. Es ist vordringlich, den IS mit seinem grausigen Terror zu stoppen. Dass diese Waffen die Kurden ermutigen könnten, eines Tages einen eigenen Staat im Nordirak auszurufen, ist eine denkbare Konsequenz. Und dies würde nicht nur einen Konflikt mit der irakischen Regierung auslösen, sondern auch mit der Türkei, die rund die Hälfte der 25 Millionen Kurden beherbergt. Doch dies ist nur eine Option; Massenmorde an den Peschmerga und an den von ihnen beschützten Abertausenden irakischen Flüchtlingen wären dagegen eine Gewissheit.