Reedereien sollten Beispiel von Hapag-Lloyd folgen
Reedereien brüsten sich gern mit der Umweltfreundlichkeit ihrer neuen Schiffe. Über die alten reden sie lieber nicht. Jetzt hat der Vorstand von Hapag-Lloyd die Diskussion angeschoben. Er beschloss, ausgediente Frachtschiffe künftig nicht mehr auf dem Gebrauchtmarkt zu verkaufen, sondern umweltgerecht auf Abwrackwerften zu entsorgen. Wer die Bilder vor Augen hat, wie schlecht bezahlte Hilfsarbeiter ausgemusterte Frachter unter miserabelsten Bedingungen an den Stränden von Alang in Indien, Chittagong in Bangladesch oder Gadani in Pakistan aus Mangel an schwerem Gerät mit bloßer Hand abwracken, muss diese Entscheidung begrüßen. Barfuß oder nur in Sandalen, ohne Sicherheitshelm und Mundschutz zerlegen sie mit Bleifarben und anderen giftigen Stoffen belastete Stahlkolosse, Öl tritt frei und versickert im Schlamm der Wattflächen. Ständig passieren Unfälle, viele Arbeiter sterben. Und die deutschen Reeder entheben sich jeder Verantwortung, weil sie die alten Schiffe zuvor für ein ordentliches Entgelt auf dem Gebrauchtmarkt losgeworden sind. Das ist die bitter aufstoßende Realität, die jetzt von Hapag-Lloyd durchbrochen wird und gegen die auch schon Hamburg Süd vorgegangen ist. Deren Entscheidung kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern dem Schifffahrtsmarkt insgesamt, der noch immer unter Überkapazitäten leidet.
Dem Beispiel von Hapag-Lloyd sollten sich möglichst rasch weitere Reedereien anschließen. Die Zeit dafür war im Grunde nie so günstig wie jetzt: Infolge der Schifffahrtskrise sind die Preise für gebrauchte Schiffe extrem gefallen. Zudem macht die Entwicklung spritsparender und umweltfreundlicherer Antriebe derzeit große Sprünge, sodass es vielen Reedern sinnvoller erscheint, neue, effizientere Schiffe zu bestellen, als die alten in Fahrt zu halten. Auch die Entwicklung zu immer größeren Schiffen spielt da hinein. Und schließlich sind Fracht- und Charterraten derzeit auf historisch tiefem Niveau, sodass der Schrottwert bei einigen alten und besonders ineffizienten Schiffen mehr einbringt als der Weiterbetrieb. Das sollten sich die Reeder zu Herzen nehmen.