Neymar wurde mit seinem Wirbelbruch Opfer der Fifa-Strategie bei dieser WM, viel zu viel durchgehen zu lassen. Allein in diesem Viertelfinale gab es 54 zum Teil brutale Fouls. Ein Kommentar.
Selten hat man den ARD-Experten Mehmet Scholl so aufgebracht erlebt wie nach dem Viertelfinalsieg von Brasilien gegen Kolumbien. „Es ist schlimm, dass die Schiedsrichter die Kleinen nicht mehr schützen“, schimpfte der einstige Nationalspieler. Scholl, einer der besten Techniker der Bundesliga-Geschichte, spricht aus eigener Erfahrung. Auch er war oft genug Opfer von Profis, die sich Fußballer nennen und in Wahrheit Kampfmaschinen sind.
Am Freitag war es Neymar, dessen Traum vom WM-Titel mit seinem Heimatland im Krankenhaus endete. Am Sonnabend verließ der Superstar sogar das Trainingslager des brasilianischen Teams. Der Mittelfeldspieler des FC Barcelona wurde in einem Hubschrauber aus dem Team-Camp der Seleção in Teresópolis ausgeflogen, um sich nun im Kreis seiner Familie zu erholen.
Die Attacke des Kolumbianers Zúñiga, der ihm mit voller Wucht in den Rücken sprang, grenzte an vorsätzlicher Körperverletzung. Neymar wurde mit seinem Wirbelbruch Opfer der Fifa-Strategie bei dieser WM, viel zu viel durchgehen zu lassen. Allein in diesem Viertelfinale gab es 54 zum Teil brutale Fouls. Und ganze vier Verwarnungen von Schiedsrichter Carballo.
Die Fifa, eine Alt-Männer-Riege, die so gern in Luxushotels über internationalen Sportsgeist philosophiert und entsprechende Werbespots schalten lässt, hat zugelassen, dass die selbsternannten Rambos die Ballzauberer abgrätschen, festhalten oder vom Platz treten dürfen. Anders ist die viel zu großzügige Regelauslegung nicht mehr zu erklären.
Schuld haben allerdings auch wir Medien, die viel zu oft über die angeblich geforderte„internationale Härte“ reden oder schreiben. Was für ein Blödsinn. Gerade eine WM bietet die Chance, dass sich noch mehr Menschen von diesem wunderbaren Spiel infizieren lassen. Aus Gelegenheits-Guckern können echte Fans werden, fasziniert von der Kunst der wahren Artisten am Ball.
Und noch ein Wort zu Neymar selbst. Wer sich nun als deutscher Fan klammheimlich freut, weil die Finalchancen durch das Aus des Superstars steigen, mag Deutschland lieben, aber niemals dieses Spiel. In diesem Sinne: Gute Besserung, Neymar!