Hamburg und seine vergessenen Partnerstädte
Was haben Shanghai, Chicago und Schiller gemeinsam? Sie stehen zusammen in diesem Kommentar. Denn der alte Meister deutscher Dichtkunst kann auch bei der Analyse der Hamburger Partnerschaften mit diesen und anderen Städten helfen. Mit der Glocke natürlich und dem berühmten: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet!“
Denn Hamburg ist seit 1957 zwar schon neun Städtekooperationen eingegangen – aber keinesfalls haben sich in der Folge auch stets die Herzen der Menschen beider Städte gefunden. Heute muss man konstatieren, dass die meisten der Partnerschaften faktisch tot sind oder in ewigem Halbschlaf dahindämmern. Viele Hamburger wissen vermutlich gar nicht, dass Marseille, Osaka oder Chicago ihre Partnerstädte sind. Und die offiziellen Partnerschaften mit Prag und Dresden sind für die bestehenden Beziehungen bedeutungslos. Der Abschluss einer Partnerschaft mit Daressalam in Tansania im Jahr 2010 hat sich derweil schon jetzt als Totgeburt erwiesen, da es keine engen Beziehungen zwischen Bürgern oder Vereinen oder wirklich intensiven ökonomischen oder politischen Austausch gibt.
Gleichwohl lassen sich auch Beispiele nennen, bei denen die Herzen der Menschen (und Manager) zueinandergefunden haben. Die Kooperationen mit Shanghai und St. Petersburg etwa sind nicht nur für die Wirtschaft von Bedeutung – sie haben auch zu intensivem kulturellen Austausch und vielen persönlichen Freundschaften geführt. Ähnliches gilt für León in Nicaragua. Wenngleich diese Partnerschaft nicht auf Augenhöhe geführt wird, so lebt sie von der bis heute großen Solidarität vieler Hamburger mit den Freunden in Lateinamerika.
Aus der Analyse der Städtepartnerschaften lässt sich vor allem eine Lehre ziehen: Solche Vereinbarungen füllen sich nur mit Leben, wenn es bereits enge wirtschaftliche, persönliche oder kulturelle Beziehungen gibt. Dann kann eine offizielle Partnerschaft helfen, Freundschaft und Austausch zu vertiefen. Städtepartnerschaften aber, die allein aus politischen Erwägungen geschlossen werden, gehören in die Rubrik Gedöns – und sind zum Scheitern verurteilt.